Offene Immobilienfonds wieder in der Bredouille

Eine massive Wertberichtigung und eine weitere Schließung sorgen für Schlagzeilen.

Werner Hedrich 11.02.2010
Facebook Twitter LinkedIn

Seit Montag, 8. Februar werden für den TMW Immobilien Weltfonds keine Anteile mehr zurückgenommen. Anbieter Pramerica sieht dies als direkte Auswirkung der massiven Wertberichtigung, die am Freitag, 5. Februar für den Konkurrenzfonds Degi Global Business bekanntgegeben wurde. Gemessen am Nettoinventarwert des Fondsportfolios erlitt dieser durch die Abwertung osteuropäischer Immobilien einen Wertverlust von 21,6%. Verunsicherte institutionelle Anleger hätten deswegen auch aus anderen offenen Immobilienfonds Gelder abgezogen und damit eine Liquiditätskrise beim TMW Immobilien Weltfonds bewirkt, die wiederum zur Schließung des Fonds führte.  

Wie dem auch sei, dies sind mittlerweile keine Einzelfälle mehr. So langsam dämmert es Sparern, dass diese deutsche Asset Klasse ein strukturelles Problem hat. Dafür können Einkaufspassagen, Hochhaustürme und Logistik-Center an sich nichts. Die Hülle, das Produktversprechen der täglichen Rückgabemöglichkeit, liefert aber anscheinend nicht, was versprochen wurde und das erstaunt auch nicht. Die Begründungen der neu auflodernden Krise sind einleuchtend, treffen aber nicht den Kern des Problems. Selbstverständlich stehen die offenen Immobilienfonds besser da, die über stabile Vertriebsstrukturen verfügen. Mit den Sales-Forces können signifikante Abflüsse oder gar Zuflüsse gesteuert werden. Auch die Bewertungsdebatte, ob nun das angelsächsische oder deutsche Bewertungsverfahren näher am Verkehrswert einer Gewerbeimmobilie ist, führt nicht zum Ziel. Der Preis der Immobilie steht, wenn die Tinte unter dem Kaufvertrag trocknet.

Risikolos, von wegen

Offene Immobilienfonds sind nicht so risikoarm, wie es die Volatilität und die Wertentwicklung in der Vergangenheit oft signalisiert haben. Dennoch wurden sie vielfach als Witwen-und-Waisen-Papiere an den Mann oder die Frau gebracht.

Investments in Gewerbeimmobilien, Einkaufszentren oder Lagerhallen bergen natürlich wirtschaftliche Risiken. Die Mieteinnahmen aus Immobilien sind konjunkturabhängig. Die Bewirtschaftung (Neudeutsch: Facility Management) und Vermietung ist durch unternehmerisches Risiko gekennzeichnet. Das Risiko ist zum Beispiel um so höher, je früher der offene Immobilienfonds in die Projektentwicklung bei Neubauten einsteigt.

Das Verkaufsargument niedriges Risiko ist aus der Volatilitätskennzahl Standardabweichung hergeleitet, die nahe 0% liegt. Diese Risikokennziffer basiert auf den täglichen Rücknahmepreisen. Doch die Rücknahmepreise von offenen Immobilienfonds spiegeln die Summe der geglätteten Ertrags- und nicht die Marktwerte wieder. Der Marktwert ist der am freien Markt bei Verkauf zu erzielende Preis. Er kann über, aber auch unter dem Ertragswert notieren. Nicht der Preis - als Funktion von Angebot und Nachfrage im Veräußerungsprozess – ist die Einflußgröße, sondern die zu erzielenden Mieteinnahmen. Der Ertragswert wird somit weitestgehend auf Basis des Mietzinses bestimmt, er ist ein theoretischer Verwertungspreis für ein Gebäude. Somit hat die Risikokennzahl Volatilität (statistisch: Standardabweichung) in dieser Anlageklasse keine Aussagekraft. Ergo: Offene Immobilienfonds sind riskanter als sie erscheinen.

Liquiditätsprämien

Für Illiquidität oder Liquidität werden Preise an den Märkten gezahlt. Das gilt für Asset Backed Securities (ABS), Nebenwerte an den globalen Aktienmärkten oder Vorzugsaktien genauso wie für Genussscheine und Einkaufs-Center. Was weniger gehandelt wird, verdient eine Prämie für Illiquidität. Es ist mehr als fraglich, ob dieser Preiskomponente in den offenen Immobilienfonds Rechnung getragen wird.

Dachfonds

In den beiden jüngsten Krisenfällen sind zwar vornehmlich institutionelle Anleger betroffen, doch sitzen über Dachfonds auch private Fondssparer mit im Boot. Wir sehen den Einsatz von offenen Immobilienfonds in Dachfonds eher kritisch. Beispielhaft dafür steht etwa der Berenberg-Select Income-Universal Fonds. Dieser ist als offener Dachfonds konzipiert, was die tägliche Rückgabemöglichkeit der Anteile einschließt und ein wichtiges Merkmal von Publikumsfonds ist. Der Schwerpunkt liegt allerdings auf der illiquiden Anlageklasse offene Immobilienfonds - unserer Meinung nach ein eindeutiger Schwachpunkt im Anlagekonzept (mehr dazu im Ratingbericht). Der Berenberg-Select Income-Universal Fonds hält per Ende 2009 den Degi Global Business mit 3,67% im Fondsvermögen. Die Aufstellung des Portfolios und die Top 20 Positionen findet man auf Seite 3 des Ratingberichts.

Was tun?

Geringe Liquidität und tägliche Rückgabemöglichkeit passen nicht zusammen. Man könnte ordentliche Rücknahmegebühren einführen, sagen wir von 10%, wenn der Fonds in den ersten fünf Jahren zurückgegeben wird. Oder man öffnet einen offenen Immobilienfonds nur einmal im Jahr. Anleger müssen aber schon drei Monate vorher angeben, ob sie zeichnen oder zurückgeben wollen. Zwischen diesen Terminen werden die Fonds wie REITS (Real Estate Investment Trusts) oder Immobilienaktien an den Börsen gehandelt. Das geschieht schon heute. Die Umsätze steigen schlagartig an, wenn ein Fonds die Rücknahme aussetzt. Oder man bezeichnet die Fonds künftig nur noch als Immobilienfonds, die wie REITS an der Börse handeln. Anteilsausgaben sind dann wie Kapitalerhöhungen einer Aktiengesellschaft. Dann sehen aber die Charts nicht mehr so schön aus: Von links unten schön stetig nach rechts oben. Aber dieser Verlauf ist ohnehin trügerisch.

Eine Version dieses Artikels erschien ursprünglich am 23.11.2009.

Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Werner Hedrich