5 Grafiken zur aktuellen Marktlage

Federal Reserve, Bank of England und Europäische Zentralbank - in dieser Woche stehen einige wichtige Zinsentscheide auf der Agenda. Dies dürfte auch den Takt vorgeben für die europäische Gemeinschaftswährung, die sich zuletzt deutlich erholen konnte. An den Börsen von Frankfurt über Zürich bis nach New York und Schanghai ging es zu Beginn des neuen Jahres bergauf. Hier unser Blick auf die Märkte in 5 Charts. 

Antje Schiffler 30.01.2023
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Federal reserveDie europäischen Aktienmärkte starteten fulmininant ins neue Jahr. Der Stoxx 600 legte in den ersten Wochen des Jahres die beste Performance bei der Gesamtrendite hin, seit der Index 1987 aufgelegt wurde, hat Deutsche Bank Research in einem Research-Papier vom 19. Januar ermittelt. Den US-amerikanischen Markt konnten Europas Börsen abhängen, wie Morningstar-Redakteur Jocelyn Jovène erläutert

 

 


Trotz des verheerenden Krieges in der Ukraine und den daraus resultierenden makroökonomischen Unsicherheiten gibt es einige Gründe, die für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends an den Aktienmärkten sprechen.    

"Die Wiedereröffnung Chinas, die niedrigeren Energiepreise und die Abschwächung der Inflation bestärken uns in unserer langfristig positiven Haltung gegenüber den Aktienmärkten. Dennoch sind wir der Meinung, dass der Optimismus der Märkte zu früh gekommen ist", heißt es vom BlackRock Investment Institute (BII).

Allerdings kam die Rallye zuletzt ins Stocken und die Anleiherenditen stabilisierten sich, nachdem die Rezessionsängste zurückkehrten. "Wir sind der Meinung, dass sich die Schäden der starken finanziellen Straffung langsam abzeichnen", schränken die Analysten vom BII ein. So zeigen Studien, dass es oft über ein Jahr dauert, bis die Folgen von Zinsanhebungen und/oder Liquiditätsverknappungen ganz in der Realwirtschaft ankommen.

Und Zinsanhebungen gab es reichlich, ein Ende ist nicht in Sicht - wenngleich an den Märkten angesichts der abflauenden Inflation in den USA bereits auf Zinssenkungen in diesem Jahr spekuliert wird. Die nächsten Tage werden etwas Licht ins Dunkel bringen. 

Denn am 1. und 2. Februar  stehen Entscheidungen der US-Notenbank respektive der EZB und der Bank of England an. EZB-Präsidentin Christine Lagarde und der Gouverneur der niederländischen Zentralbank Klaas Knot hatten in Davos klar gemacht, dass sie an den Zinsschritten von jeweils 0,50 Prozentpunkten auf den kommenden Sitzungen im Februar und März festhalten wollen. 

„Wir gehen davon aus, dass die Zinssätze im Euroraum und in den USA bis zum Frühjahr 2023 einen Höchststand von 3,5 Prozent bzw. 5 Prozent erreichen und dann bis Ende des Jahres unverändert bleiben", lautet die Einschätzung von Jumana Saleheen, Chief Economist & Head of Investment Strategy Europe bei Vanguard.

 

 

Sollte die Fed allerdings anders als vom Markt erwartet die Zügel straff halten, würde dies den Greenback stützen und dem jüngsten Auftrieb des Euros gegenüber der US-Währung einen Dämpfer verpassen. 

Der US-Dollar hatte sich 2022 aufgrund höherer US-Renditen und schwacher Risikobereitschaft sehr stark entwickelt - nicht nur gegenüber dem Euro. So stieg der handelsgewichtete Dollarindex (DXY-Index) im vergangenen Jahr um rund 10%.

George Saravelos von Deutsche Bank Research betont: "Der EUR/USD-Rückgang in diesem Jahr wurde ausschließlich von einer breiten Dollar-Rallye und nicht von spezifischen Euro-Faktoren angetrieben". So habe der Markt in den letzten Monaten eine riesige Menge an Dollar gehortet – vergleichbar mit den Perioden rund um Lehman, COVID oder dem Handelskrieg von Trump. Das habe zu einer "sehr erheblichen Dollar-Überbewertung" geführt.

Der Euro rutschte Ende September sogar unter die Parität zum US-Dollar, konnte sich seitdem aber wieder deutlich stabilisieren. Die Risikoprämien könnten nun abgebaut werden, und gemeinsam mit der Straffung durch die EZB dürte sich der Wechselkurs nach Einschätzung von Saravelos bis zum Sommer über 1,10 US-Dollar und bis Jahresende in Richtung 1,15 US-Dollar bewegen.

Das größte Risiko ist nach Ansicht der Deutschen Bank jedes große, globale Ereignis der Risikoaversion, das zu einer noch extremeren Neubewertung der Dollar-Risikoprämie führt. 

Ähnlich argumentiert Amundi: "Wir erwarten eine stärkere Abwertung des US-Dollars in diesem Jahr. Der Dollar verzeichnete 2022 eine der stärksten Rallys aller Zeiten. Risikoaverse Anlagen fielen, Unsicherheit schlug in Volatilität um, und alle Währungen der G10-Länder litten, ohne Ausnahme. Die positiven Überraschungen bei der US-Inflation und die Möglichkeit einer geringeren Zinserhöhung durch die Fed wirkten vor kurzem wie ein heftiger Realitäts-Check. Die Dollar-Korrektur war enorm."

 

 

Auch im Euroraum mehren sich zudem die Hoffnungen, dass die Teuerungsraten peu à peu weniger stark steigen werden - Vorboten waren bereits die jüngsten Inflationsdaten. Hintergrund sind vor allem die fallenden Energiepreise. An der niederländischen TTF wurde Erdgas zur sofortigen Lieferung zuletzt bei etwas über 58 EUR/MWh gehandelt und damit so tief wie zuletzt vor dem Krieg im September 2021. 

Auch der Ölpreis hat sich inzwischen von den Hochs im Sommer weit entfernt. Die Lockdowns in China, Wettereffekte und verhaltene Industrietätigkeit bremsten die Nachfrage in den OECD-Ländern, zudem führte die EU Ende 2022 einen Preisdeckel für russisches Öl ein. 

Nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur IEA dürfte sich dies aber wieder umkehren, denn China kommt zurück. "Die weltweite Ölnachfrage wird im Jahr 2023 voraussichtlich um 1,9 Mio. Barrel pro Tag (bpd) auf einen Rekordwert von 101,7 Mio bpd steigen, wobei fast die Hälfte des Zuwachses aus China nach der Aufhebung der Covid-Beschränkungen stammen wird", lautet die Nachfrageprognose. Gleichzeitig dürfte das Angebot der OPEC+ wegen der fehlenden russischen Mengen zurückgehen. Nicht-OPEC+ Länder dürften allerdings versuchen, den Rückgang wettzumachen. Allen voran die USA, aber auch Kanada, Brasilien und Guyana erreichten das zweite Jahr in Folge einen Jahresproduktionsrekord. Dennoch: China (Nachfrage) und Russland (Angebot) sind 2023 die beiden "Wild Cards" am Ölmarkt, konstatiert die IEA.

 

 

Beijing gab Ende 2022 mit der 180-Grad-Wende in der Pandemie-Politik den Ton für 2023 vor. Das abrupte Ende der Lockdown-Maßnahmen führte im Dezember zunächst einmal zu hohen Krankenständen. Einzelhandel und Restaurantbesuche gingen zurück, Arbeitskräfte fehlten in der Industrieproduktion. 

Allerdings: "Trotz der Schwäche könnte der Dezember kurzfristig den Tiefpunkt des chinesischen Wachstumskurses darstellen", betont Chaoping Zhu, Global Market Strategist bei J.P. Morgan Asset Management. So deuten einige Indikatoren bereits auf eine schnelle Erholung der wirtschaftlichen Aktivitäten hin, denn die Infektionszahlen dürften wahrscheinlich ihren Höhepunkt hinter sich gelassen haben. 

Mit dem Ende der Lockdowns und angesichts politischer Anreize sollte sich die wirtschaftliche Erholung im Jahr 2023 auch als nachhaltig erweisen. „Der Dienstleistungssektor sollte der erste Nutznießer sein, wenn die aufgestaute Nachfrage freigesetzt wird. Die Verkäufe von Konsumgütern könnten aufgrund des zunehmenden Vertrauens und der anhaltenden politischen Unterstützung ebenfalls anziehen“, sagt Zhu. Zudem hätten die Haushalte in drei Jahren Pandemie Cash angehäuft. An den Aktienmärkten macht sich Optimismus bemerkbar. Der Morningstar China Index steht gegenüber Anfang Dezember rund 13% im Plus, gegenüber dem Zwischentief Ende Oktober sogar um satte 40%.  

 

 

 

 

 

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Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.