Die Jagd nach Ertrag in Zeiten steigender Inflation

Renditen von Aktien und Anleihen sind nicht sicher vor der voranschreitenden Geldentwertung. Deshalb müssen Investoren 2022 wählerisch sein, raten die Depotverwalter von Morningstar Investment Management (MIM).

Marco Caprotti 25.01.2022
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Investoren auf der Suche nach regelmäßigem Ertrag müssen zurzeit durch schwieriges Fahrwasser. Unter den heimtückischsten Risiken steht vermutlich die Inflation an erster Stelle.

In den USA sprangen die Konsumentenpreise zuletzt um 7% gegenüber dem Vorjahr nach oben – die höchste Rate seit 1982. Morningstar prognostiziert eine Verlangsamung zur Jahresmitte vor, mit einem Mittelwert von 3.6% im Folgejahr.

Im Steigflug




Ein solcher Trend zeichnet sich auch in Europa ab: Im Dezember 2021 erreichte die Inflationsrate im Euroraum 5%, ein Anstieg von 4.9% im Vergleich zum Vormonat. Ein Jahr zuvor betrug diese Rate -0.3%.

„Wenn Inflation eintritt – gerade auf einem erhöhten Niveau –, dann können die Auswirkungen weitverbreitet und verheerend ausfallen,‘‘ sagt Marta Norton, Chief Investment Officer bei Morningstar Investment Management (MIM). ``Investoren mit einem kürzeren Anlagehorizont, die Anleihen meist höher gewichtet haben, sind hierbei besonders verwundbar. Ein wesentlicher Teil des Gesamtgewinns bei Investitionen in Anleihen kommt von der Rendite, die in den meisten Fällen von vornherein festgelegt ist (daher ``Fixed Income‘‘). Diese ``fixen‘‘ Auszahlungen verlieren mit steigender Inflation an Wert.‘‘

Doch laut Norton bergen in Zeiten von Inflation nicht nur Anleihen besondere Risiken. ``Aktienmärkte haben zwar nicht mit dem Problem fixer Auszahlungen zu kämpfen, ihre Performance ist aber ebenso gefährdet - Dividenden verlieren deutlich an Wert und Profite werden durch erhöhte Herstellungskosten geschmälert, insbesondere wenn Unternehmen nicht in der Lage sind, die höheren Preise an Konsumenten weiterzureichen. Wegen des Drucks auf die Unternehmensgewinne haben Investoren geringere Chancen, mit Aktienerträgen die Inflation zu schlagen.‘‘

Wo man noch Erträge findet



Wie sollen sich Investoren also positionieren, um in dieser Situation Erträge zu erzielen? ``Income-Investoren müssen wählerisch an das Jahr 2022 herangehen,‘‘ sagt Mike Coop, Chief Investment Officer EMEA bei MIM. ``Normalerweise verschiebt man sein Depot in Richtung von Assetklassen mit hohen laufenden Erträgen, wie Dividendenaktien oder Emerging Markets-Anleihen. Viele dieser bislang beliebten ``Income Assets‘‘ bergen jetzt aber große Verlustrisiken und ihre Erträge haben aufgehört zu wachsen, was bei Inflation ein weiteres Risiko darstellt.‘‘

Lange Anleihen sieht der CIO in diesem Jahr auch nicht als geeignetes Refugium für Ertrags-Strategien. ``Eine kompromisslose Jagd nach Anleiherendite, indem man immer weiter auf die Risikokurve klettert, ohne sich darüber im Klaren zu sein, was man im Depot hat und wozu – das erachten wir als Todsünde. Geduld ist der Schlüssel, da es in diesem Jahr schwierig sein wird, Renditen jenseits der 4% zu erzielen, ohne große Risiken einzugehen,‘‘ sagt Coop.

Laut Coop müssen Investoren auf drei wichtige Faktoren achten:

  • Wachsende Erträge

  • Kapitalzuwachs, der mit der Inflation Schritt hält

  • Dauerhaftigkeit von Dividenden


``Diese Eigenschaften suchen wir in allen unseren Depots, nicht nur bei den auf Ertrag getrimmten Strategien, weil natürliche Ertragsquellen ein verlässlicher Treiber für Gesamterträge sind,‘‘ sagt Coop. ``Banken zum Beispiel sind eine beliebte Quelle von Erträgen und ein Sektor, den wir als attraktiv erachten – und der in vielen unserer Depots vertreten ist. Auch defensive Sektoren wie Basiskonsumgüter, Versorger und Gesundheitsunternehmen bieten natürliche Erträge sowie zusätzliche Robustheit. Die Gesamtrenditen sind hier zwar nicht hoch, dafür erhält man dauerhafte Erträge, die Depots gegen Konjunkturrisiken schützen können.‘‘

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Über den Autor

Marco Caprotti

Marco Caprotti  ist Redakteur und Analyst bei Morningstar.