ARK ETFs werden auch für hiesige Anleger zum Risiko

Auch wenn die Tech-ETFs der US-Fondsfirma ARK Invest hierzulande nicht zum Vertrieb zugelassen sind, bereiten sie Anlegern hierzulande Kopfzerbrechen. Was passiert, wenn ein Wal in einem Small-Cap-Teich eintaucht. 

Ali Masarwah 05.03.2021
Facebook Twitter LinkedIn

Foto Korrektur an den Aktienmaerkten

Die aktiv verwalteten ETFs der Firma ARK Invest waren in den vergangenen Jahren in den USA enorm erfolgreich. ARK-Gründerin Cathie Wood und ihr Team haben frühzeitig auf das Thema digitale Transformation gesetzt und damit einen hervorragenden Sinn für Timing an den Tag gelegt. Seit 2014 haben die größtenteils aktiv verwalteten ETFs eine überragende Performance hingelegt, vor allem, seit die Firma 2018 voll auf die Tesla-Story gesetzt hat. Selbst für US-Verhältnisse waren die Mittelzuflüsse in den letzten sechs Monaten bemerkenswert. Wir haben in der vergangenen Woche die ARK ETFs vorgestellt, die in Österreich nicht zum Vertrieb zugelassen sind. (Die aktuellen hohen Kursverluste dürften Investoren hierzulande froh darüber stimmen, dass das der Fall ist!) 

Ein Wal im Small-Cap-Teich

Doch ARK ETFs sind nicht nur als potenzielle Reichmacher interessant, sondern mutieren mit zunehmender Größe immer mehr zur Risikoquelle für Investoren in eher kleinen Digitalisierungs-Unternehmen. Fondsmanager von Technologie-Fonds sind wegen der neuen Marktmacht des US Asset Managers quasi gezwungen, die Entwicklungen bei ARK ETFs auf dem Radar zu behalten. 

Denn der inzwischen gut 52 Milliarden US-Dollar schwere Anbieter ist zu einer Marktmacht avanciert.  Mit jedem Dollar, der auf der anderen Seite des Atlantik in einen ARK ETF fließt, avanciert das US-Fondshaus immer mehr zum Herr über die Kurse vieler Unternehmen. Denn es handelt sich bei den ARK-Favoriten nicht um die Googles, Facebooks oder Amazons der Welt, sondern um Nebenwerte vom Schlag von Compugen, Cerus Corp, Materialize NV oder Cellectis. 

„Wir haben im Herbst vergangenen Jahres bemerkt, dass der Kurs der Aktie von Pure Storage deutlich volatiler wurde, ohne dass es dafür fundamentale Gründe gab. Vergleichbare Unternehmen haben sich viel weniger auffällig bewegt, und so sind wir auf ARK Invest aufmerksam geworden“, sagt Baki Irmak, Fondsmanager des Digital Leaders Fund. 

Per Ende Oktober hielten die fünf aktiv verwalteten ETFs von ARK Invest gut zehn Prozent an Pure Storage; vier Monate später waren es schon 12,6 Prozent. Pure Storage ist dabei kein Einzelfall. Nach unseren Daten hielten die aktiv verwalteten ARK ETFs per Ende Februar mehr als zehn Prozent an 26 Unternehmen. Im Oktober 2020 waren es noch 24. (Diese Daten enthalten nicht die Daten der beiden passiven ETFs von ARK und auch nicht die Holdings, die im UCITS-Fonds von Nikko Asset Management stecken).

Zum Beispiel hielt ARK per Ende Februar fast 26 Millionen Aktien an Cerus, einem Biotech-Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von nur einer Milliarde US-Dollar. In einem Liquidationsszenario würde es mehr als 52 Handelstage dauern, bis die Position vollständig abgebaut wäre. Das ist sehr großzügig berechnet, da in den vergangenen Monaten nahezu perfekte Handelsbedingungen existierten. Die untere Tabelle zeigt die 26 marktengen Holdings der ARK ETFs.

Tabelle: Bei welchen Unternehmen ARK der Dickmann ist Illiquide Positionen in ARK ETFs

Doch nicht nur die Transaktionen von ARK selbst bewegen die Kurse. Die neue Berühmtheit von ARK Invest und die tägliche Transparenz seiner ETFs bedeuten, dass immer mehr Marktteilnehmer die Transaktionen der ARK ETFs kopieren. Eröffnet ein ARK ETF eine neue Position, treibt also nicht nur er, sondern auch seine Nachahmer die Kurse dieser Aktie in die Höhe. Seit Anfang 2021 hat ARK 20 Erstkäufe in seinen fünf aktiv verwalteten ETFs getätigt. Bei 14 dieser 20 neuen Namen stiegen die Aktienkurse am Tag nach der Bekanntgabe des Kaufs um mehr als 3,5 %, wie die untere Tabelle zeigt. 

Tabelle: Dicke Pluszeichen nach dem ARK-Einstieg PLuszeichen nach dem Einstieg der ARK ETFs

Natürlich freut es Anleger, wenn sich der Wal im Small Cap-Teich in die Richtung wälzt, die die Kurse ihrer Favoriten nach oben spült. Aber das Spiel funktioniert leider auch anders herum. Verkauft ARK Invest solche marktengen Titel, dann können die Kurse von Portfolios weltweit in die Knie gehen. Investoren müssen also den „ARK-Faktor“ nicht nur als Chance, sondern auch als Risiko sehen. 

So hat Digital Leaders Fund Manager Irmak im Februar wegen des „ARK-Faktors“ die Aktie von Pure Storage deutlich reduziert, und zwar von zunächst vier auf derzeit unter zwei Prozent des Fondsvermögens im Digital Leaders Fund. 

Auch Daniel Kröger, Fondsmanager des ELM Global TICO, der ebenfalls auf das Thema Digitalisierung setzt, findet es „besorgniserregend“, dass ARK inzwischen hohe Beteiligungen an illiquiden Werten hält. „Das wird besonders dann akut, wenn Kunden ETF-Anteile zurückgeben. Dann steigt der Verkaufsdruck“, befürchtet Kröger. Auch wegen der hohen Zuflüsse in ARK ETFs seien die Bewertungen von Aktien wie Square oder Digital Turbine so stark gestiegen, dass er diese Titel im ELM-Fonds zuletzt abgebaut habe.

Für Baki Irmak lautet das Fazit, dass es wegen solcher Faktoren derzeit wichtig sei, nicht zu viele marktenge Titel zu halten. „Anleger unterschätzen immer noch das Liquiditätsrisiko. Wenn es erst einmal kracht, dann darf man in solchen Aktien nicht investiert sein.“ Es sei „höchst ungewöhnlich“, dass ein Haus, das in illiquide Werte investiert, derart hohe Mittelzuflüsse verbuche.

Wenn die ETF-Struktur zum handfesten Nachteil wird

Hinzu kommt bei ARK Invest ein weiterer Faktor, der sehr ungewönlich ist: Die ARK-Fonds sind börsennotiert. ETFs sind in Europa typischerweise passive Anlagevehikel, die einen mehr oder weniger repräsentativen Index abbilden. Doch die Börsennotierung ist im Grunde nur die Voraussetzung für die Erschließung eines bestimmten Vertriebswegs – den Handel über die Börse. ETFs können also auch aktiv verwaltete Fonds sein. Das ist in den USA ein marktübliches Phänomen. 

Von den gut 53 Milliarden US-Dollar, die von ARK in regulierten Fonds gemanagt werden, stecken nach Morningstar-Berechnung 96 % in seinen ETFs. Zwar hat der ETF-Wrapper viele anlegerfreundliche Eigenschaften, etwa niedrige Kosten und oft eine breite Diversifikation.

Doch wenn es darum geht, eine aktive Strategie mit erheblichen Kapazitätsbeschränkungen in einem ETF abzubilden, können die Nachteile die Vorteile überwiegen. Was die Kapazität betrifft, so ist der größte Nachteil des ETF-Wrappers, dass die Manager nicht „nein“ zu neuem Geld sagen können. Der Manager eines ETFs kann die Schaffung neuer Anteile nicht nach eigenem Ermessen aussetzen. Somit steht ARK Invest das einfachste und effektivste Mittel zur Bewältigung von Kapazitätsproblemen nicht zur Verfügung.

Short-Seller könnten ARK ETFs ins Visier nehmen

Zudem bringt die Transparenz von ETFs in den USA, die täglich ihre Portfolios offenlegen müssen, ARK ETFs Risiken in Abwärtsmärkten. Erleiden die ETFs Abflüsse, wissen Short-Seller dies für sich zu ntzen. „Egal, ob das Reddit-Rebellen oder Hedgefonds sind, die können Druck aufbauen und die illiquiden Aktien shorten“, sagt Fondsmanager Kröger. Setzten erst einmal Abflüsse bei ARK ein, „dann kommen die ETFs schwer oder gar nicht mehr aus den Titeln raus“, so der Fondsmanager des ELM Global TICO.

Auch Ben Johnson, Leiter des globalen ETF-Researchs bei Morningstar, sieht die Konstellation bei ARK kritisch. „Transparenz ist im Allgemeinen zwar lobenswert, aber in der aktuellen Größenordnung von ARK wurden die Folgen noch nie getestet.“ Die tägliche Transparenz könne für Investoren nachteilige Folgen haben, befürchtet unser ETF-Chef-Analyst.

Angesichts der zunehmenden Anzeichen dafür, dass die ETFs von ARK vor Kapazitätsproblemen stehen, sind die aktuellen Kurskorrekturen bei vielen hoch bewerteten Tech-Highflyern bedenkenswert. Laut unseren Mittelfluss-Daten haben die ARK-ETFs derzeit zwar keine hohen Mittelabflüsse, aber so ganz wohl scheint sich die Mannschaft um Cathie Wood mit der hohen Anzahl an illiquiden Werten nicht zu fühlen.

Cathie Wood setzt inzwischen auf größere Titel

Entsprechend hat sich die Zusammensetzung der ARK-Portfolios in den vergangenen Monaten verändert. In den fünf Jahren von Juli 2015 bis Juli 2020 lag die durchschnittliche Marktkapitalisierung der Unternehmen in den fünf aktiven ARK-Portfolios nie über 10,5 Mrd. USD, was mit dem Ziel des Teams übereinstimmt, Unternehmen zu finden, die unter dem Radar fliegen und die der Markt nicht entdeckt hat.

Seitdem ist die durchschnittliche Marktkapitalisierung der Fonds in die Höhe geschnellt und hat im November 2020 die Marke von $20 Milliarden und im Januar 2021 die Marke von $35 Milliarden überschritten. Ein Großteil des Anstiegs der durchschnittlichen Marktkapitalisierung der ARK ETFs ist auf die rasanten Kurssteigerungen bei vielen der kleineren Unternehmen in den Portfolios zurückzuführen. Mit dem Anstieg der Vermögenswerte hat ARK jedoch auch begonnen, in etabliertere Unternehmen mit großer Marktkapitalisierung zu investieren, was die Zusammensetzung des Portfolios weiter verändert.

Zwischen Ende Oktober 2020 und Ende Januar 2021 haben die ETFs neue Positionen in zehn Unternehmen aufgebaut. Alle bis auf drei dieser Unternehmen hatten zum Zeitpunkt des Kaufs eine Marktkapitalisierung von mehr als 30 Milliarden US-Dollar, und drei - Novartis, PayPal und Baidu sind Mega-Caps mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 100 Milliarden US-Dollar. Bleibt zu hoffen, dass der Markt sich nicht in den nächsten Wochen anschicken wird, die Robustheit der ARK-ETFs zu testen.

Verpassen Sie nichts! Mit unseren Morningstar Research Newslettern für Investoren bekommen Sie zeitnah, gratis und in verständlicher Sprache das wichtigste Research von Morningstar frisch auf den Tisch! Hier können Sie sich für unsere Fonds- und für den ETF-Newsletter anmelden - und immer auf dem Laufenden bleiben!

Die Analysen in diesem Artikel basieren auf unserem Tool für professionelle Anleger. Weitere Informationen zu Morningstar Direct erhalten Sie hier.

 

 

Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich