Binnennachfrage als zukünftiger Wachstumsmotor Asiens

Seit Januar haben die pazifischen Börsen weniger zugelegt als die übrigen Schwellenmärkte. Der regionale Referenzindex stieg um 5%. Zum Vergleich: Osteuropa gewann 17% und Lateinamerika 15%. Für Jason Pidcock, den Fondsmanager des Mellon Asian Equity Fund, werden asiatische Aktien dennoch immer interessanter.

Sara Silano 13.04.2006
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Weshalb sollte man für die asiatischen Börsen optimistisch gestimmt sein?

Die dortigen Märkte bieten immer bessere Anlagemöglichkeiten: Die Bewertungen sind vernünftig, die Gewinne zeigen einen soliden Wachstumstrend und die Qualität der Unternehmensführung (Corporate Governance) hat sich dank einer aktionärsfreundlichen Politik verbessert. Die Ausschüttungsquote, d.h. der Anteil der Gewinne, der als Dividenden ausgezahlt wird, steigt. Dazu passt, dass etwa 40% der Aktien im FT World Index, die über eine Dividendenrendite von mehr als 3% verfügen, in Asien (ohne Japan) beheimatet sind. Die niedrigen Realzinsen (bereinigt um die Inflation) machen diese Aktien noch attraktiver.

Sind die Aussichten denn auch mittel- bis langfristig attraktiv?

Ja, es gibt mehrere Trends, die die Region auch in Zukunft interessant erscheinen lassen. Die hohe Sparrate in Asien ist eine Stütze für die private Nachfrage. China ist der Wachstumsmotor Asiens - durch den hohen Rohstoffbedarf und den Betrag, den die chinesischen Konsumenten für den regionalen Handel, den Tourismus und das Outsourcing leisten. Hong Kong und Macau beispielsweise sind zu den wichtigsten Reisezielen der Festlandchinesen geworden.

Welche Märkte zählen zu Ihren Favoriten?

In Asien gibt es einige der günstigen Aktien weltweit. Trotz des hohen Wachstumspotentials der Region glauben wir, dass dieser Zustand noch anhalten wird. Unsere Ländergewichtung ist ein Ergebnis der Aktienauswahl. Im Allgemeinen hat diese dazu geführt, dass wir den Südosten der Region bevorzugen. Dort erwarten wir eine besonders hohe Zunahme der Verbrauchernachfrage. Wir halten besonders viel von Singapur, das vom Boom im Immobiliensektor, dem Anstieg der Touristenzahlen und dem hohen Verbrauchervertrauen profitiert. Ein Land, das außerdem im Hinblick auf die Qualität der Unternehmensführung und die Nachhaltigkeit der Gewinne in der Region seines Gleichen sucht.

Was halten Sie von den Reformen auf dem chinesischen Markt?

Das Reformtempo ist hoch. Im vergangenen Jahr haben die Festlandunternehmen, und hier in erster Linie die Banken und Lebensversicherer, mehr als 25 Mrd. US-Dollar über Kapitalerhöhungen und Erstemissionen eingesammelt. Darunter fällt auch der Börsengang der China Construction Bank im Wert von 8 Mrd. US-Dollar. Insgesamt machten diese mehr als 40% der asiatischen Aktienemissionen aus – in einem Rekordjahr für die Region. Zudem hat die Stärkung von Bilanzen und Cash Flows den Fusions- und Übernahmeaktivitäten Auftrieb gegeben.

Außerdem sollte ein anderer Aspekt nicht unerwähnt bleiben: Die chinesischen Behörden haben den so genannten qualifizierten ausländischen Investoren (QFII) höhere Quoten für Anlagen am chinesischen Markt eingeräumt und verstärkt nicht handelsfähige Aktien vom Markt genommen. Dies hat bewirkt, dass die A-Aktien auf 6-Jahres-Tiefstände gefallen sind. Ein ermutigendes Zeichen ist jedoch, dass dies viele Unternehmen dazu gezwungen hat, ihre Aktionäre mit kostenlosen Aktien und höheren Dividenden zu entschädigen. Die Börse wurde zudem durch einige weiter ungeklärte Fragen gebremst: Probleme bestehen z.B. im Hinblick auf die Unternehmensführung und die Regelungen für Kapitalerhöhungen. Diese müssten noch adressiert werden, um die Glaubwürdigkeit des Marktes zu erhöhen. Daher ziehen wir es vor, über in Hong Kong notierte Unternehmen in China zu investieren. Dort sind die Anforderungen für die Börsennotierung höher. Oder wir kaufen Unternehmen, die in anderen Märkten der Region ansässig sind, aber signifikante Operationen in China haben.

Und welche Branchen empfehlen Sie?

Das starke Wachstum in Asien basiert auf dem Anstieg der Binnennachfrage, des regionalen Handels und des Tourismus. China hat hier einen besonderen Beitrag geleistet. Die Industrialisierung und Urbanisierung des Landes hat zur Entstehung einer Schicht einkommenstärkerer Konsumenten geführt. Die Zahl der Chinesen, die mehr als 5000 US-Dollar im Jahr verdienen, steigt pro Jahr um 20%. Jährlich ziehen ca. 15-20 Mio. Menschen von den ländlichen Gebieten in die Städte. Man erwartet, dass dieser Trend für die nächsten 15 Jahre anhält. Daher konzentrieren wir uns auf Branchen, die von diesen Entwicklungen profitieren, darunter Finanz- und Gesundheitsdienstleister, Rohstoffhersteller und Vertriebsnetzwerke.

Wie könnte sich eine Abkühlung der globalen Konjunktur auf die asiatischen Märkte auswirken?

Auch wenn eine Verringerung des amerikanischen Wachstums nicht ohne Einfluss auf die globale Wirtschaft wäre, glauben wir, dass die weltweite Nachfrage mittlerweile gleichmäßiger verteilt ist als noch vor 5 Jahren. Das Wachstum der asiatischen Binnennachfrage vermindert die Abhängigkeit von der globalen Konjunktur und insbesondere von den Exporten.

Glauben Sie, dass die asiatischen Währungen gegenüber dem US-Dollar an Wert gewinnen werden?

Trotz der Inflationssorgen, die im letzten Jahr zu einer Zinssteigerung in der Region und einer allgemeinen Schwächung der Währungen gegenüber dem Dollar geführt haben, sind wir der Ansicht, dass sie aufgrund der starken Wachstumsdynamik langfristig sowohl gegenüber dem Dollar als auch dem Euro aufwerten werden.
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Über den Autor

Sara Silano

Sara Silano  è caporedattore di Morningstar in Italia

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