S&P, MSCI oder STOXX? Welchen Index hätten S´denn gerne?

Heute nehmen wir Indizes für Euroland-Standardwerte unter die Lupe.

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Am Anfang war der Index! Bevor Anleger sich auf die Suche nach einem bestimmten Fonds oder ETF machen, müssen Sie zunächst beurteilen, welcher Markt bzw welcher Index ihren Anlagezielen am besten entspricht. Das haben wir bereits in einem Artikel über die Indexkonstruktion gelernt. Da sich jeder Index unterscheidet, müssen Anleger den Mechanismus des Referenzwertes genau verstehen, um unerwünschte Überraschungen zu vermeiden.

Um Ihnen bei der konkreten Indexauswahl Hilfestellung zu leisten, werden wir in einer neuen Artikelserie Indizes, die eng miteinander verwandte Marktsegmente abbilden, miteinander vergleichen. Diese Indizes, die die Grundlage für ETFs bilden, ermöglichen dem Anleger den Zugriff auf denselben Markt, unterscheiden sich jedoch in ihrer Konstruktion leicht voneinander. Und wie wir wissen, machen bei Indizes bzw. ETFs Nuancen einen großen Unterschied.

In unserer heutigen Ausgabe befassen wir uns mit Indizes, die Aktien-Standardwerte des Euroraums abbilden. Im Fokus sind der EURO STOXX 50 Index, EURO STOXX Index, MSCI EMU Index, FTSEurofirst 80 Index und der S&P Euro Index.

Indexdefinition

Bevor wir uns mit dem eigentlichen Thema beschäftigen, lassen Sie uns einen Schritt zurückgehen und definieren, was ein Index überhaupt darstellt.

Wenn Sie zum Beispiel die Rendite der Aktienmärkte in den Schwellenländern analysieren wollen, können Sie sich jeden einzelnen Wert anschauen, um ein Gefühl für den Markt zu bekommen. Dies ist zweifelsohne eine sehr zeitaufwendige Angelegenheit, und bis Sie den Markt einigermaßen analysiert haben, dürften die Ereignisse bereits vieles wieder verändert haben! Eine wesentlich einfachere Lösung ist es, die Marktauswahl einem Indexanbieter, wie z.B. MSCI oder STOXX, zu überlassen. Diese sammeln die Daten der Wertpapiere mit gemeinsamen Eigenschaften, aggregieren diese und bieten einen präzisen Indikator für die Entwicklung des Marktes .

Der MSCI Emerging Market Index misst zum Beispiel die Aktienperformance der Schwellenländer und spiegelt somit die Marktentwicklung dieser als Gesamtbild wieder.

Ein Nachteil der Indizes ist, dass Detailinformationen fehlen und lediglich die aggregierte Information des Gesamtmarktes widergespiegelt wird. Wenn man z.B. an Indien interessiert ist, ist der MSCI Emerging Market Index ein relativ dürftiger Maßstab. Daher müsste in diesem Fall ein Länderspezifischer Index herangezogen werden. Und selbst hier kann man den Markt weiter unterteilen, wie  in Growth- und Value-Aktien. Egal wie eng ein Markt bereits gefasst ist, es gibt fast immer Möglichkeiten diesen weiter zu unterteilen!

Indexkonstruktion

Oft übersehen Investoren die Wichtigkeit der Indexkonstruktion, welche ETFs als Referenzwert zugrunde liegen. Die Gewichtungsmethoden, Umschichtungshäufigkeit, maximale Gewichtung je Indexbestandteil und vieles mehr können Auswirkungen sowohl auf die Rendite und die Kosten des ETFs haben, als auch die Rolle des ETFs innerhalb des Portfolios. (mehr über Fragen zur Indexkonstruktion lesen Sie hier).

Der Indexvergleich

Alle sechs Indizes decken das Anlageuniversum „Aktien Standardwerte Eurozone“ ab. Um die Auswahl der Indizes im Rahmen zu halten, werden wir uns nur mit den marktüblichen Indizes beschäftigen. Marktüblich heißt hier, dass wir marktkapitalisierungsgewichtete Indizes untersuchen. Andere Indizes, denen Strategien zugrunde liegen (beispielsweise Dividendenindizes), lassen wir außen vor. Lassen Sie uns zunächst jeden Index individuell betrachten und im Anschluss die Unterschiede etwas genauer hervorheben.

1. EURO STOXX 50 Index

Der EURO STOXX 50 Index besteht aus den 50 größten Unternehmen mit Hauptsitz innerhalb des Euroraumes. Jedes qualifizierte Unternehmen wird dann anhand der Marktkapitalisierung geordnet, und die 40 größten Unternehmen werden automatisch in den Index übernommen. Die verbleibenden zehn Indexwerte werden dann von der Liste mit den 41-60 größten Unternehmen gewählt, wobei Firmen bevorzugt werden, die bereits im Index enthalten sind, um die Fluktuation zu minimieren. Der Index wird anhand der Streubesitz-Marktkapitalisierung gewichtet, wobei jedes Unternehmen maximal 10% des Gesamtindexes ausmachen darf. Der Index wird jeden September einer Revision unterzogen, wobei unter bestimmten Bedingungen Indexänderungen bereits vorher durchgeführt werden können. Gründe für eine Indexüberprüfung außer der Reihe können Insolvenzen und Fusionen sein, oder wenn ein Unternehmen aus der Liste der größten 75 Firmen Eurolands fällt. Zum Zeitpunkt der Niederschrift des Artikels ist die Finanzbranche der am stärksten gewichtete Sektor und macht ca. 25% des Index aus. Konsumgüter mit 18% sowie Öl- und Gaswerte vervollständigen mit 11% die Top drei. Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien repräsentieren fast 90% des Index. Die restlichen 10% verteilen sich auf weitere acht Länder. Obwohl es den Anschein erweckt, dass der Index sich auf diese vier Länder konzentriert, sollte berücksichtigt werden, dass die Unternehmen zumeist internationale Firmen mit weltweiter Tätigkeit sind. Viele profitieren beispielsweise vom Export in die Schwellenländer.

2. EURO STOXX Index

Der EURO STOXX Index ist große Bruder des EURO STOXX 50 ein breiter, liquider Unterindex des STOXX Europe 600 Index. Mit einer variablen Anzahl von Komponenten, repräsentiert der Index Standard- und Nebenwerte aus 12 Ländern der Eurozone. Der EURO STOXX, der derzeit aus rund 310 Komponenten besteht, ist nach der Streubesitz-Marktkapitalisierung gewogen. Der Index wird quartalsweise für Veränderungen in der Zusammensetzung und des Streubesitzes überprüft. Finanzwerte sind mit 22% des Indexwerts, der größte Sektor. Industriewerte (11%) und Chemikalien (9%) folgen auf den Plätzen. Französische und Deutsche Unternehmen repräsentieren fast zwei Drittel des Indexwertes. Der Index ist in Bezug auf Einzelwerte stark diversifiziert. Der größte Einzelwert des EURO STOXX ist Total mit 4% Indexgewichtung. Sanofi und Siemens folgen mit 2,9% bzw. 2,8% auf den Plätzen.

3. MSCI EMU Index

Der MSCI EMU Index besteht aus Unternehmen mit Hauptsitz in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion basieren. Der Index ist nach Streubesitz-Marktkapitalisierung gewogen und repräsentiert über 10 Branchen in 11 Ländern. Um in den Index aufgenommen zu werden, müssen Indexbestandteile die Größe-, Liquiditäts- und Streubesitzkriterien von MSCI erfüllen. Der Index besteht aus ca. 250 Aktien und repräsentiert ca. 85% der gesamten Marktkapitalisierung der Eurozone. Der Index wird halbjährlich einer Revision unterzogen mir kleineren quartalsweise Anpassungen um wirtschaftliche Entwicklungen präzise widerzuspiegeln.

Derzeit sind Finanzwerte mit 17% der am stärksten gewichtet Sektor, gefolgt von Industriewerten (11%) und zyklische Konsumgüter (10%). Frankreich ist mit 32% das am stärksten gewichtete Land, gefolgt von Deutschland (29%) und Spanien (11%). Der größte Einzelemittent ist Total mit 4%.

 4. FTSEurofirst 80 Index

Der FTSEurofirst 80 Index besteht aus den 80 größten Unternehmen mit Hauptsitz innerhalb des Euroraumes. Jedes qualifizierte Unternehmen wird dann anhand der Marktkapitalisierung geordnet und die 60 größten Unternehmen des FTSE Eurozone Index werden automatisch in den Index übernommen. Die weiteren zwanzig Unternehmen werden von den Sektoren gewählt, die relativ zum FTSE Eurozone Index am stärksten untergewichtet sind. Der Index wird anhand der Streubesitz-Marktkapitalisierung gewichtet, wobei jedes Unternehmen maximal 10% des Gesamtindexes ausmachen darf. Der Index wird jeden September einer Revision unterzogen, wobei unter bestimmten Bedingungen Indexänderungen bereits vorher durchgeführt werden können. Gründe dafür können Insolvenzen und Fusionen. Französische und Deutsche Aktien sind mit 36% bzw. 31% des Indexwertes am stärksten Vertreten. Finanzwerte sind mit 22% am stärksten gewichtet , gefolgt von Konsumgütern (20%) und Rohstoffen (10%).

5. S&P Euro Index

Der S&P Euro Index leitet sich vom S&P Europe 350 Index ab und umfasst rund 80% der der gesamten Marktkapitalisierung aller börsennotierten Unternehmen aus Ländern der Europäischen Währungsunion. Die Wertpapiere werden aufgrund der Streubesitz-Marktkapitalisierung gewogen. Ein hoher Streubesitz bedeutet, dass viele Aktien frei handelbar sind und nicht in Händen eines strategischen Investors liegen, was die Verfügbarkeit von Aktien einschränken kann. Weil stark kontrollierte Unternehmen in der Regel einen geringeren Anteil ihres Kapitals für den Handel an öffentlichen Börsen zulassen, bietet ein Index, der auf Streubesitz basiert, eine höhere Liquidität als ein reiner Marktkapitalisierungsindex.

Der Index umfasst 178 Unternehmen aus 10 Sektoren und 12 Ländern wobei Frankreich mit 33% und Deutschland mit 28% des Indexwertes für über 50% der Wertentwicklung verantwortlich sind. Finanzwerte sind mit 20% am stärksten im Index vertreten, gefolgt von jeweils ca. 12% in Industriewerten und zyklische Konsumgütern.

Zusammenfassung

Der EURO STOXX 50 Index ist zwar der meist gehandelte und beliebteste Index für Standardwerte der Eurozone, es gibt aber ein ganze Reihe an alternativen. Worin Unterscheiden sich jedoch die verschiedene Indizes für den Anleger?

Die einzelnen Indizes decken einen verschiedenen Teil der gesamten Marktkapitalisierung aller börsennotierten Unternehmen aus Ländern der Europäischen Währungsunion ab. Dies hat zu Folge, dass z.B. der EURO STOXX Index mit über 300 Indexbestandteilen viele kleinere Unternehmen im Vergleich zum EURO STOXX 50 Index mit in den Index einschließt. Nebenwerte können höhere Renditen aber auch höhere Risiken aufweisen was sich letztendlich in der Performance widerspiegelt. Durch die unterschiedliche Marktabdeckung, weisen die einzelnen Indizes zudem leicht unterschiedliche Sektorgewichtungen auf.

Schaut man sich jedoch die Rendite der ETFs auf die einzelnen Indizes an, stellt man fest, dass die Renditen in den vergangenen drei Jahren voneinander abweichen, auch wenn die Abstände nicht erheblich sind. Die niedrigste Performance erzielte der EURO STOXX 50 Index. Die höchste Rendite erreichte der EURO STOXX. Dieser Unterschied kann zumindest zum Teil Nebenwerten zugeschrieben werden.

Schaut man sich die zugrundeliegenden Indizes genauer an, stellt man fest, dass sowohl die Länderaufteilung als auch die Sektoraufteilung sehr ähnlich gestrickt sind, obwohl jeder einzelne Index unterschiedliche Marktsegmente abdeckt. Ein Hauptgrund für die vergleichbare Rendite liegt darin, dass die kleineren Unternehmen in den größeren Indizes nur gering gewichtet sind. Die Top-10 der Indizes sind nahe zu identisch und repräsentieren zwischen 24% (EURO STOXX Index) und 36% (EURO STOXX 50 Index) des Indexwertes.

Da der Investor jedoch letztendlich den Index via einen ETF kauft, schauen wir uns die Performance von den jeweils größten ETF der einzelnen Indizes an.

Tabelle: Nur der Lyxor ETF EURO STOXX 50 Index etwas aus der Reihe 

Es gibt, wie oben erwähnt, leichte Unterschiede zwischen den Indizes mit Blick auf die Sektorgewichtung. Das sollten Investoren bei der Anlage in der derzeitigen Marktsituation berücksichtigen. Der EURO STOXX und der EURO STOXX 50 Index gewichten etwa Konsumgüter schwächer als die anderen Indizes. Sollte die Griechenland-Krise andauern und sich die Wirtschaftslage in der Eurozone verschlechtern, könnte sich das auf das Konsumverhalten niederschlagen. Dann könnten diese Indizes aufgrund ihrer niedrigeren Gewichtung von Konsumgütern die anderen Indizes outperformen.

Investoren mit einem negativen Ausblick auf Finanzwerte der Eurozone werden feststellen, dass die Gewichtung dieses Sektors bei allen fünf Indizes vergleichbar ist. Anleger, die eine Beimischung von Nebenwerten anstreben, sollten Produkte auf den EURO STOXX Index den ETFs auf den EURO STOXX 50 vorziehen. Die Marktkapitalisierung des EURO STOXX 50 Index repräsentiert ca. 62% der Marktkapitalisierung des EURO STOXX Index, sprich ca. 38% des Indexwertes repräsentieren Nebenwerte.

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Über den Autor

Gordon Rose, CIIA, CAIA,

Gordon Rose, CIIA, CAIA,  war von 2011 bis 2014 Fondsanalyst bei Morningstar.