Osteuropa: Konvergenzstaaten koppeln sich von Russland ab

2004 liefen die sog. Konvergenzstaaten Russland an den Börsen den Rang ab. Davon profitierten Fonds, die bevorzugt auf Polen, Tschechien oder Ungarn setzten.

Natalia Siklic, 05.02.2005
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Während der russische Markt in 2004 nahezu auf der Stelle trat - allerdings unter hohen Schwankungen - legten die Börsen in Tschechien und Ungarn über 70% und in Polen fast 50% zu.

In Russland sorgten zuletzt die Umstände um die Zwangsversteigerung der größten Tochtergesellschaft des Ölkonzerns Yukos und dessen faktische Zerschlagung für unrühmliche Schlagzeilen. Auch andere Unternehmen mit Oligarchen-Hintergrund kamen nicht zur Ruhe und wurden mit nachträglichen Steuerforderungen konfrontiert. Zwar kommen Russland weiterhin die hohen Rohstoffpreise zugute, doch die Furcht vor neuen politisch motivierten Strafmaßnahmen dürfte Unternehmen und Anleger noch lange in Atem halten. So äußerten sich auch die europäischen Fondsgesellschaften in der letzten Morningstar Umfrage skeptisch z

u den Aussichten des russischen Aktienmarktes in 2005.

Die zentraleuropäischen Staaten profitierten von der EU-Phantasie, d.h. von Erwartungen, dass sich Zinsen und Inflation weiter an das EU-Niveau annähern und EU-Beihilfen der Infrastruktur zugute kommen werden. Bei den Neumitgliedern richtet sich die Aufmerksamkeit zudem bereits auf die Aufholjagd auf dem Weg zur europäischen Währungsunion. Bis dahin dürfte es aber noch dauern, viele Länder haben mit ihren öffentlichen Finanzen und teils hohen Leistungsbilanzdefiziten zu kämpfen. Hier sollen weitere Privatisierungen für Entspannung sorgen.

Ein hohes Wirtschaftswachstum, niedrige Lohnkosten und die steigende Konsumnachfrage machen Osteuropa attraktiv. Der Anpassungsprozess wird aber sicherlich noch mit einigen Hürden und Rückschlägen verbunden sein. Insbesondere in Russland kommen politische Unwägbarkeiten, aber auch die Gefahren durch einen sinkenden Ölpreis hinzu. Daher sollten Anleger trotz der spektakulären Aktienmarktentwicklung der vergangenen Jahre nicht die Bodenhaftung verlieren und die Risiken ausblenden: Osteuropafonds eignen sich nicht zum Basisinvestment und sollten auf einen Teil des Depots beschränkt bleiben. Performanceunterschiede lassen sich oft durch regionale Schwerpunkte erklären. Diese sollten bewusst gewählt werden.

Der erfolgreichste Fonds des Jahres 2004 war der WestAM European Convergence Fund. Dies verwundert angesichts der Konzentration auf die Konvergenzstaaten nicht, doch auch in den Vorjahren war sie kein Nachteil, über 3 Jahre gehört der Fonds bei vergleichsweise geringen Schwankungen zu den besten 10% seiner Kategorie. Das Portfolio ist konzentriert aufgestellt, fast zwei Drittel werden durch die zehn größten Einzeltitel abgedeckt. Die Titelauswahl basiert auf einem quantitativen Modell, das durch qualitative Unternehmensanalysen ergänzt wird. Auch die Ländergewichtung wird aktiv gesteuert. Als Vergleichsbasis dient ein selbst entwickelter Index, in dem Polen, Tschechien, Ungarn und Slowenien die Hauptrolle spielen. Ab 2005 zählt die Türkei mit maximal 10% dazu. Betrachtet man die Branchenaufteilung, sind Finanzwerte im Kategorievergleich besonders hoch gewichtet. Weniger stark vertreten sind Energiewerte, nicht zuletzt da russische Aktien im Fonds derzeit fast gar nicht auftauchen.

Ein anderer Spitzenreiter der vergangen Jahre, der Magna Eastern European Fund, schaffte 2004 nicht den Sprung unter die besten 10% der Vergleichsgruppe. Der Fonds beschränkt sich nicht nur auf die neuen EU-Mitglieder und –Beitrittskandidaten, sondern investiert auch in russische Titel. Deren Anteil wurde zwar von über 50% auf derzeit 36% gesenkt, die Schwäche des russischen Marktes machte sich aber dennoch in der Fondsperformance bemerkbar. Auch dieser Fonds wird konzentriert gemanagt und zählt lediglich etwa 25 Titel. Dennoch ist er einer der schwankungsärmeren seiner Kategorie. Sektorschwergewichte liegen in den Branchen Finanzen, Telekom und Energie – in den meisten Osteuropafonds ergibt sich ein ähnliches Bild. Neben der Managementgebühr von 1,75% fällt in diesem Fonds auch eine erfolgsabhängige Gebühr in Höhe von 20% an, wenn die Wertentwicklung mehr als 10% beträgt. Dies dürfte in den letzten Jahren recht einträglich gewesen sein. Eine an der Marktentwicklung orientierte Erfolgsvergütung wäre aber sinnvoller, schließlich soll die Leistung im Vergleich zum Gesamtmarkt belohnt werden.

Für Anleger, die im Bezug auf die regionale Aufstellung einen Mittelweg gehen möchten, könnte der Vontobel Eastern European Equity interessant sein. Hier liegt der Russland-Anteil derzeit bei 27%, war aber auch schon um einiges niedriger. Der Fonds bewegte sich in den vergangenen Jahren bei unterdurchschnittlicher Volatilität im oberen Viertel seiner Vergleichsgruppe. Das Portfolio umfasst etwa 40 Positionen, ist aber nicht besonders konzentriert. Grundlage für die Titelauswahl sind fundamentale Unternehmensanalysen, gekoppelt mit der Betrachtung volkswirtschaftlicher und politischer Faktoren. Der Investitionsgrad kann recht stark variieren, die Kassequote beträgt aktuell 17% des Fondsvermögens.

Die Kategorie „Aktien Osteuropa“ enthält etwa 60 Fonds mit breiter regionaler Aufstellung, die eine Managementgebühr von durchschnittlich 1,6% veranschlagen. Die Volatilität liegt im Mittel bei 21,7% (gemessen an der Standardabweichung). Zum Vergleich: bei Europafonds sind es 17,6%.
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Magna Eastern European C EUR Acc41,52 EUR0,48

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