BRIC-Fonds unter Wasser

In der globalen Finanzkrise ist von der erhofften Abkoppelung der Emerging Markets bisher wenig zu spüren. BRIC-Fonds gerieten in den vergangenen Monaten besonders unter die Räder.

Natalia Wolfstetter 26.09.2008
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BRIC-Fonds investieren an den Schwellenländerbörsen, beschränken sich allerdings auf die namensgebenden vier Märkte, Brasilien, Russland, Indien und China. Die vielen kleineren Märkte, aber auch Schwergewichte wie Korea, bleiben außen vor. Traditionelle Emerging Markets Fonds unterliegen derartigen regionalen Einschränkungen nicht. Auch in diesen Fonds hat das Management die Möglichkeit, die vier BRIC-Märkte überzugewichten, wenn sie denn besonders attraktiv erscheinen – es kann sich jedoch auch anderswo nach attraktiven Ideen umschauen, was im Sinne der Risikostreuung sicherlich nicht schaden kann. Dem Fondsanleger wird nicht die Entscheidung aufgebürdet, sich von Vorneherein auf bestimmte Märkte festzulegen. Für solche Entscheidungen sind schließlich professionelle Geldverwalter da. (Meh

r dazu hier.)

Die Vorzüge eines Emerging Markets Investments und hier insbesondere der vier BRIC-Märkte kommen in der Marketingliteratur nicht zu kurz. Die Risiken erschienen angesichts lange boomender Märkte in einem milden Licht. Im vergangenen Jahr waren Unternehmen aus den Märkten Asiens, Lateinamerikas und Osteuropas zeitweise höher bewertet als Aktien der etablierten Märkte. Zudem versprach man sich von den guten Fundamentaldaten der aufstrebenden Volkswirtschaften und der wachsenden Bedeutung des heimischen Konsums eine stärkere Eigenständigkeit und Abkoppelung von der Entwicklung an den übrigen Kapitalmärkten.

Diese Erwartungen haben sich bisher nicht erfüllt, die globale Finanzkrise machte vor den Schwellenmärkten nicht Halt. Wenn den Investoren der Risikoappetit vergeht, waren die Emerging Markets schon immer unter den ersten Opfern. Bei BRIC-Fonds fielen die Kursausschläge höher aus als bei den ohnehin nicht schwankungsarmen klassischen Emerging Markets Fonds. Der MSCI Emerging Markets als Leitindex für globale Schwellenländeraktien kommt zwar auf Sicht von 5 Jahren noch auf eine annualisierte Rendite von 14%, büßte seit Jahresanfang aber 31% ein. Noch düsterer ist das Bild für die BRIC-Märkte, die ein Minus von 38% einfuhren. Im Zuge dieser Korrekturen ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Emerging Markets Aktien von durchschnittlich 20 (Ende 2007) auf rund 12 gefallen.

In vielen Schwellenländern mussten die Notenbanken eingreifen, um die Währungen zu stabilisieren. Der russische Markt verzeichnete im Zuge der Lehman-Pleite einen seiner größten Tagesverluste überhaupt. Der Handel musste für mehrere Tage ausgesetzt werden. Nachgebende Rohstoffmärkte, der Kaukasus-Konflikt und Sorgen vor einem „zweiten Yukos“ waren auch nicht dazu angetan, die Investoren zu beruhigen.

Anzeichen von Schwäche kommen von der chinesischen Wirtschaft. Eine Abkühlung zeichnet sich am Immobilienmarkt, aber auch für die Exportnachfrage ab. Die chinesische Notenbank sah sich trotz des Inflationsdrucks veranlasst, das erste Mal seit mehreren Jahren die Zinsen zu senken. Immerhin sollten nachgebende Rohstoffpreise in Indien und China für eine Atempause sorgen, wenn dies auch weniger gute Nachrichten für die Rohstoffexporteure Russland und Brasilien bedeutet.

Die jetzige Finanzmarktkrise weist auffällige Ähnlichkeiten mit früheren Krisen auf – nur dass diese oft von den Schwellenmärkten selbst ausgingen: Wenn Zahlungsbilanzdefizite durch massive ausländische Kapitalströme finanziert werden, sind Spekulationsblasen an den Immobilien- und Finanzmärkten oft die Folge. Billiges Geld und eine laxe Kreditvergabepraxis münden letztendlich in Zahlungsausfällen und einer Vertrauenskrise des Finanzsystems.

Diesmal sitzen die Schuldigen woanders. Überdies können viele Emerging Markets auf ihre enormen Währungsreserven und finanzpolitischen Spielräume verweisen. Die Finanzkrise ändert auch nichts daran, dass die Bedeutung der Schwellenmärkte für die globale Wirtschaft weiterhin steigen wird. Eine Anlage an den Emerging Markets macht langfristig also durchaus Sinn. Anleger sollten sich davon allerdings kein Rückzugsgebiet für turbulente Marktphasen versprechen und auf eine ausreichende Risikostreuung achten. Marketingprodukte à la BRIC sind hierfür nicht die richtigen Vehikel.
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Über den Autor

Natalia Wolfstetter  ist Director Fund Analysis bei Morningstar