ETF-Bilanz 2014: iShares an der Spitze, Vanguard auf dem Sprung

Der Marktführer behauptet sich knapp, Vanguard ist die Erfolgsstory des Jahres 2014. UBS, Deutsche Bank und Lyxor berappeln sich nach dem Swap-Schreck der vergangenen Jahre.

Ali Masarwah 15.01.2015
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“And the winner is: iShares!” – zugegeben: Der Überraschungseffekt ist bei der Prämierung der jährlichen Oscar-Awards größer als bei der Kür des erfolgreichsten ETF-Anbieters des Jahres 2014. Es hatte sich bereits seit geraumer Zeit abgezeichnet, dass die BlackRock-Tochter auch im vergangenen Jahr der absatzstärkste ETF-Anbieter in Europa sein würde. Gut 13,25 Milliarden Euro netto flossen 2014 in iShares-Produkte, die in Europa aufgelegt wurden. Das sind gut fünf Milliarden Euro mehr als dem zweitplatzierten ETF-Anbieter zuflossen und gut dreimal mehr als die Zuflüsse der Anbieter auf Rang drei und vier nach Zuflüssen.

Die meisten Beobachter werden die Absatzleistung von iShares/BlackRock im Jahr 2014 als Beleg für die Zementierung der Dominanz des Marktführers sehen. Doch das ist zu kurz gegriffen, da die Zahlen nicht die Dynamik des ETF-Markts widergeben und auch nicht an die bisherige Vertriebsstärke von iShares heranreichen.

Aktien-ETFs von iShares mit schwachem Absatz 

Zum einen kaschieren die Topline-Zahlen die Tatsache, dass nur die hohen Zuflüsse in Bond-ETFs der BlackRock-Tochter einen einigermaßen versöhnlichen Jahresabschluss beschert haben. Dagegen war die mit Abstand wichtigste Asset-Klasse beim Marktführer 2014 ein Schwachpunkt. Aufgrund von hohen Abflüssen aus Deutschland- und – deutlich geringer zwar, aber auch in signifikanten Ausmaß – Europa-Aktien-ETFs beliefen sich die Zuflüsse im Aktiensegment auf nur 1,07 Milliarden Euro, was für ETF-Verhältnisse fast schon einer vernachlässigenswerten Jahres-Wachstumsrate von 1% entspricht.

Dass das iShares-Wachstum schwächelt, lässt sich auch schon beim Vergleich mit den Vertriebsbilanzen der Vorjahre erkennen. Auch absolut war die Zahl deutlich unter dem iShares Absatz im Vorjahr, als den iShares-ETFs in Europa netto gut 14,36 Milliarden Euro zuflossen. Insgesamt belief sich das organische Wachstum 2014 auf rund 9,3%. Der Marktanteil von iShares in Europa ging seit Ende 2013 um gut zwei Punkte auf etwas unter 46% zurück. Das ist immer noch sehr viel mehr als die nächsten Konkurrenten in die Waagschale werfen können, doch ein Blick auf die Verfolger, vor allem auf Vanguard, spricht Bände.

Vanguard steigert Zuflüsse und seinen Marktanteil

Kommen wir nun zu den iShares-Konkurrenten. Vanguard - erst Ende 2012 in Europa gestartet - sammelte gut 8 Milliarden Euro ein. Das entspricht einem organischen Wachstum von gut 250% im Kalenderjahr 2014. Damit konnte Vanguard seinen Marktanteil in Europa gegenüber dem Vorjahr auf gut 3,3% mehr als verdreifachen.

Auch der drittplatzierte Anbieter nach Mittelzuflüssen, die Schweizer UBS, sowie die Deutsche Bank (db x-trackers) und die Société Générale (Lyxor) konnten stärker wachsen als der Marktführer. Interessant ist auch, dass db x-trackers, Lyxor und UBS in den beiden großen Asset-Klassen Aktien und Bonds nicht nur deutlich stärker, sondern auch ausgewogener wuchsen als iShares. (Der Rohstoffbereich, der bei den Verfolgern des Marktführers deutlich stärker vertreten ist und hohe Mittelabflüsse verkraften musste, war freilich eine Wachstumsbremse.)

Woran sind diese Verschiebungen hin zur Konkurrenz festzumachen, woran hat es gelegen? Zum einen dürfte der harte Preiswettbewerb bei ETFs in Europa ein Faktor gewesen sein. Hier hat Vanguard mit seinem Sieben-Basispunkte-Angebot beim S&P 500-ETF 2012 den Anfang gemacht, und die Deutsche Bank setzte im Zuge der Umstellung ihres ETF-Geschäftsmodells noch einen drauf und senkte die Preise etlicher – nicht aller – ETFs (lesen Sie hier mehr zur selektiven Preissenkungspraxis der ETF-Anbieter).

Insofern dürfte die Aufholjagd der iShares Konkurrenten auch eine Folge dieser abwärts gerichteten Preisspirale sein, auf die der Marktführer zunächst zögerlich (dafür dann aber sehr massiv) reagiert hat.

iShares bekommt mit "Core"-ETFs die Kurve

Der Ausblick auf das laufende Jahr ist spannend. Jetzt, wo iShares mit großer Wucht die „Core“-ETF-Kampagne gestartet hat und mit den rund 10 Core-ETFs eine ordentliche Auswahl an günstigen Basis-ETFs ins Schaufenster stellt. Große Tanker mögen träge reagieren, aber schwenken sie einmal um, entfallten sie beachtliche Kräfte.

Im Nachhinein dürfte auch die Übernahme der ETF-Sparte von Credit Suisse durch iShares ein gelungener Schachzug gewesen sein, da der Schweizer Markt aufgrund der Rechtsprechungspraxis sich immer mehr von der Provisionsberatung abrückt, was den ETF-Anbietern in die Hände spielen dürfte.

Dass iShares ebenfalls beim Trend-Thema Strategic Beta stark vertreten ist, dürfte 2015 auch nicht schaden. Die Anbieter, die sich diesem Bereich verschrieben haben, wachsen stark. Das französische Haus Ossiam und PIMCO verzeichneten hohe Wachstumsraten von 60% bzw. 36% im abgelaufenen Jahr. In absoluten Zahlen übersetzt entspricht das Nettomittelzuflüssen von 445 Millionen Euro bei Ossiam und 991 Millionen Euro bei PIMCO-ETFs. Das relativiert die Bedeutung dieses starken Wachstums ein wenig, wenn man Strategic Beta als das Zukunftsthema der passiven Asset Management Branche hervorheben möchte, aber immerhin verwaltet iShares in Europa Strategic Beta ETFs mit einem Vermögen von gut 10 Milliarden Euro und ist damit auch in diesem Segment Marktführer. 

Schweizer Gold-ETFs nach wie vor auf der Verkaufsliste 

Auf der Verliererseite finden sich im vergangenen Jahr vor allem die Schweizer Anbieter ZKB und Swiss & Global. Die ZKB musste die höchsten Abflüsse aller Anbieter in Höhe von 1,02 Milliarden Euro hinnehmen, bei Swiss & Global beliefen sich die Abflüsse auf 394 Millionen Euro. Dies ist keine Überraschung, da sich diese Anbieter stark auf Edelmetall-Produkte konzentrieren und diese erneut keinen guten Lauf hatten, auch wenn der Goldpreis relativ stabil blieb.

Im Jahr 2013 waren die Abflüsse angesichts des Einbruchs beim Goldpreis bei den Schweizer Häusern noch deutlich höher.

Invesco und die Commerzbank-Tochter ComStage zählten ebenfalls zu den Verlierern, wobei die Commerzbank die Abflüsse im Vergleich zu den Vorjahren deutlich reduzieren konnte.

Tabelle: Die absatzstärksten und -schwächsten ETF-Anbieter 2014 

Hier gelangen Sie zur Übersicht der ETF-Absatzbilanz
Hier gelangen Sie zur Absatzbilanz nach Morningstar Kategorie und nach einzelnen ETFs

 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich