Schwellenländer auf der Kippe?

Anlagen in Schwellenländer-Aktienfonds waren in den vergangenen Jahren ein lohnendes Unterfangen. Wird dieser Trend anhalten, und welche Risiken stehen dem im Wege?

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Die Emerging Markets haben fünf überwiegend gute Jahre hinter sich. Nachdem die Asien- und Russlandkrise ausgestanden waren, haben die Börsen der Schwellenländer in Asien, Lateinamerika uns Osteuropa die etablierten Märkte weit hinter sich gelassen. Gemessen an den durchschnittlichen Wertentwicklungen der Kategorien Aktien Schwellenländer und Aktien weltweit ist der Abstand beeindruckend: Während die Emerging Markets-Fonds um 60,5 Prozent kumuliert über fünf Jahre zulegten, hatten die in Westeuropa, Nordamerika uns Japan anlegenden Standardprodukte Verluste von 11,5 Prozent zu beklagen.

Doch Vorsicht, für eine Analyse und den Vergleich dieser Fondstypen ist ein Zeitraum von fünf Jahren zu kurz und langfristig kaum relevant. Wer in Aktienfonds investiert sollte schon allermindeste

ns einen Zeithorizont von zehn Jahren mitbringen. Richten wir aber den Blick genau um ein Jahrzehnt in die Vergangenheit, dreht sich das Bild radikal um: einem kumulierten Verlust von 6,9 Prozent bei den Schwellenländerfonds steht ein Zuwachs von 55,6 Prozent bei den weltweit anlegenden Aktienfonds gegenüber.

Kein Mensch wollte vor fünf Jahren Emerging Markets-Aktien auch nur mit der heißen Zange anfassen, das Interesse war nach den Währungsturbulenzen in Asien und den Zahlungsausfällen in Russland und vorausgegangenen mageren Jahren vollständig zum Erliegen gekommen. Daher dürften auch nur die allerwenigsten Anleger von den relativ ansehnlichen Renditen seitdem profitiert haben.

Nun aber fließen den Fonds wieder Gelder zu, vor allem auf Asien fokussierten Produkten, oder gar China-Fonds. Man sollte sich in dieser Situation ins Gedächtnis rufen, dass Märkte zwar kurzfristig übertreiben, langfristig aber stets zur Mitte zurückkehren. Wie ein Hund an der Leine, der Herrchen/Frauchen entweder hinterher trottet oder voraus eilt, letztendlich aber immer bei Fuß landet.

Ein weiteres Warnsignal ist, dass die Wachstumslokomotive China landauf landab in allen Medien über den grünen Klee gelobt wird. Die sich auftürmenden Probleme der maroden Staatsbetriebe, der steigenden Arbeitslosigkeit vor allem in den Binnenprovinzen und der immensen Last fauler Kredite, welche die Banken vor sich her schieben werden dabei nur zu gerne beiseite geschoben.

Eine Übergewichtung der Emerging Markets oder gar einzelner Regionen ist also in diesem fortgeschrittenem Stadium sicher riskant. Durch die noch immer relativ niedrige Korrelation der Schwellenmärkte mit den etablierten Börsen lässt sich eine moderate Beimischung als langfristig risikominderndes Element jedoch stets vertreten.

Der über zehn Jahre mit Abstand erfolgreichste in Deutschland verfügbare Fonds dieser Kategorie ist der First State Global Emerging Markets Fund. 52,3 Prozent Rendite kumuliert bedeuten einen Abstand von 3,5 Prozent per annum zum nächstplatzierten weltweit anlegenden Schellenländerfonds, dem Vontobel Emerging Markets Equity. Die hierzulande recht unbekannte australische Fondsgesellschaft konnte mit diesen Ergebnissen vor allem in Großbritannien viele Anleger überzeugen, das Fondsvolumen beläuft sich mittlerweile auf beachtliche 471 Mio. Euro. Fondsmanager Angus Tulloch streut sein Risiko, indem er in allen Regionen signifikant investiert ist und über 90 Titel im Portfolio aufnimmt. Ein Viertel davon nehmen Nebenwerte ein, die Branchenaufteilung ist ebenfalls ausgeglichen, mit leichten Untergewichtungen im Technologie- und Finanzsektor.

Die höchste Rendite im Jahr 2003 erzielte der Vitruvius Emerging Markets Equity mit einer Wertsteigerung von 70,4 Prozent. Der Fonds wird von Belgrave Capital Management und Sloane Robinson Investment Management in London im Auftrag der Tessiner Banco del Ceresio verwaltet. Die Briten scheinen das Erreichte zunächst absichern zu wollen, dafür spräche die hohe Kasseposition von 18,2 Prozent per Jahresende. Für die langfristigen Perspektiven des Fonds ist in Anbetracht der exorbitanten Verwaltungsgebühr von 2,35 Prozent jedoch Skepsis angebracht.

Dieser Artikel erschien im Magazin Portfolio International

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Über den Autor

Morningstar Europe Editor  .