Erfolgentscheidend: die Branchengewichtung

Bei der Analyse der Chancen und Risiken von Investmentfonds sind eine ganze Reihe von Größen zu beachten: die Aktienauswahl, die regionale Aufteilung, der Investmentstil etc. Unter allen Faktoren spielt die Branchenaufteilung, in wie weit ein Verwalter einen bestimmten Sektor unter- oder übergewichtet, eine entscheidende Rolle.

Fernando Luque 21.11.2003
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Doch weder für einen privaten noch für einen institutionellen Anleger ist es einfach, die Branchengewichtung eines einzelnen Fonds festzustellen oder diese bei mehreren Fonds zu vergleichen. Nicht alle Fondsgesellschaften bieten diese Informationen in analoger Qualität, und sogar die Angaben ein und der selben Gesellschaft können verwirrend sein.

Als Beispiel haben wir den amerikanischen Fondsanbieter Fidelity gewählt. Diese Wahl soll lediglich die Unterschiede bei der Branchenanalyse illustrieren und gilt für beinahe die gesamte Branche. Die Informationen, die von der Gesellschaft im Internet zur Verfügung gestellt werden, weichen bei der Sektorenaufteilung erheblich voneinander ab, je nachdem, um welchen Fonds es sich handelt. Die Tabelle vergleicht einen nordamerikanischen mit

einem japanischen Aktienfonds. Selbstverständlich läßt sich argumentieren, dass sich die jeweiligen Märkte stark unterscheiden. Jedoch wäre eine einheitliche Präsentation sehr nützlich. Wenn ein Investor diese beiden Fonds im Portfolio hat, ist es für ihn sehr schwierig, seine Branchengewichtung herauszufinden.

Tabelle 1: Die größten Sektoren in beiden Portfolios (siehe pdf-Dokument)

Die Sektoren bei Morningstar

Doch eine Vergleichbarkeit wäre leicht möglich. In unserer Branchenanalyse werden zehn Sektoren unterschieden, unabhängig von der jeweiligen Kategorie des Fonds. Es hat also keinen Einfluss, ob es sich zum Beispiel um einen japanischen oder einen Fonds für Schwellenländer handelt. Alle Portfolios werden anhand dieser zehn Sektoren untersucht.

Diese Sektoren sind: TMT, Finanzen, Gesundheitswesen, Gebrauchsgüter, Energie, Versorger, Dienstleistungen, Investitionsgüter, Verbrauchsgüter und Handel. Doch offensichtlich ist ein genaueres Verständnis dieser Sektorendefinitionen notwendig. Die beste Möglichkeit, einen Sektor zu definieren, ist die Angabe der enthaltenen Unternehmen:

· Versorger: enthält Stromanbieter (wie E.on, RWE, Endesa), Gasfirmen (Gas Natural) und Wasserversorger (Aguas de Barcelona).
· Energie: enthält vor allem Ölfirmen (wie Royal Dutch, Exxonmobil, Repsol), aber auch Erdgasunternehmen.
· Finanzwerte: enthält Banken (wie Citigroup, BNP Paribas, Santander Central Hispano), Versicherungsgesellschaften (Axa, Allianz) und Immobilien-Aktiengesellschaften (Rodamco Europe).
· Gebrauchsgüter: enthält Autohersteller (wie Renault, Volkswagen), Chemiekonzerne (Dow Chemical, Bayer, Akzo Nobel), Unternehmen der Raumfahrtindustrie (Boeing), Baufirmen (ACS) oder Konglomerate wie General Electric.
· Investitionsgüter: enthält Unternehmen wie Unilever, Schneider Electric.
· Verbrauchsgüter: enthält Nahrungsmittelhersteller (wie Coca Cola, Nestlé), Kosmetikfirmen (Beiersdorf, Avon), Brauereien (Heineken) und Tabakfirmen (Philip Morris, Altadis).
· Dienstleistungen: enthält Telekommunikationsfirmen (wie France Telecom, Telefónica), Airlines (Iberia), Restaurants (McDonald’s), Hotels (Sol Melia) und Freizeit-Dienstleistungen (Walt Disney) oder Logistiker (Deutsche Post).
· Handel: enthält Supermarktbetreiber (wie Carrefour, Wall Mart, Inditex).
· Gesundheitswesen: enthält Arzneimittelhersteller (wie Pfizer, Merck, Novartis) und Unternehmen aus der Biotechnologie (Amgen, Biogen).
· Technologie: enthält Unternehmen wie Microsoft, Intel, Cisco Systems, Nokia, Siemens, Yahoo!

Unterschiede in der Sektorenaufteilung

Wie wichtig die Sektorenallokation ist, zeigt sich am besten beim Vergleich der großen regionalen Fondskategorien für Standardwerte Aktien Euroland, Aktien Europa, Aktien Nordamerika, Aktien Japan und Aktien weltweit. Die Tabelle zeigt die durchschnittliche Sektorenaufteilung in den jeweiligen Kategorien. So enthält etwa ein Standardwertefonds für Nordamerika im Durchschnitt 17 Prozent in Tech-Werten wie Microsoft oder Intel. Zum Vergleich: Bei einem Fonds der Kategorie Aktien Europa Standardwerte hingegen liegt der Anteil im Durchschnitt bei 7 Prozent. Bei einem japanischen Portfolio ist im Durchschnitt der Sektor Gebrauchsgüter, wie zum Beispiel Toyota, Mitsubishi, Honda oder Canon, stark gewichtet.

Auch die Betonung des Sektors Finanzen weicht je nach Region stark ab. Ein Fonds der Kategorie Aktien Euroland Standardwerte zum Beispiel hält 27 Prozent seines Portfolios in Finanzwerten. Bei einem Nordamerika-Fonds sind es im Durchschnitt 20 Prozent und bei einem Japan-Fonds nur 10 Prozent.

Große Unterschiede bestehen auch beim Gesundheitssektor. In einem typischen Nordamerika-Fonds ist er der drittwichtigste Sektor – die größten Unternehmen der Branche sind amerikanisch: z.B. Pfizer, Merck, Johnson & Johnson. Das Gewicht liegt im Durchschnitt bei 15 Prozent, während es bei einem Euroland-Standardwerte-Fonds nur 4 Prozent ausmacht.

Tabelle 2: Sektorenaufteilung in verschiedenen Kategorien (siehe pdf-Dokument)

Es ist unabdingbar, die Branchenaufteilung eines Fonds zu kennen. Besonders, wenn es darum geht, ein Portfolio aus mehreren Fonds zusammenzustellen. Die Sektor-Allokation wird nicht nur für einen bedeutenden Teil der Wertentwicklung verantwortlich sein, sondern sie wird auch einige der Risiken des Portfolios erklären. Wer zum Beispiel schon einen großen Teil seines Portfolios in einem Nordamerika-Fonds investiert hat und ein diversifiziertes Portfolio anstrebt, wird wahrscheinlich keinen Technologie- oder Gesundheitsfonds kaufen müssen.
Genauso gilt: Wenn ein Großteil des Portfolios aus einem oder mehreren Euroland-Fonds besteht, ist es sehr wahrscheinlich, dass Finanzwerte recht prominent enthalten sind. Würde in diesem Fall ein Finanzfonds gekauft, ergäbe sich als Konsequenz lediglich eine Erhöhung der Portfolio-Risiken.

Die Angaben in der Tabelle sind durchschnittliche Angaben. Dies bedeutet, dass einige Fonds bestimmte Sektoren im Kategorievergleich unter- oder übergewichtet haben. Doch auch diese Informationen müssen zur Verfügung stehen und analysiert werden, um mögliche Risiken in der Zukunft abschätzen zu können.

Dieser Artikel erschien für Portfolio international.
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Über den Autor

Fernando Luque

Fernando Luque  ist Chefredakteur morningstar.es, Morningstar Spanien