Waffen-Diskussion in den USA betrifft auch heimische Portfolios

Nach dem jüngsten Massaker an einer Schule im US-Bundesstaat Florida spricht einiges dafür, dass Investoren dazu beitragen werden, dass diese Tat nicht folgenlos bleiben wird. Doch vorerst bleiben die Aktien von Waffenherstellern auch hierzulande in Fonds vertreten.

Ali Masarwah 06.03.2018
Facebook Twitter LinkedIn

Das Massaker an einer Schule im US-Bundesstaat Florida war nur das letzte in einer traurigen Serie. Mitte Februar hatte ein ehemaliger Schüler in Parkland 17 Menschen erschossen. Zunächst schienen die Geschehnisse nach dieser Tat demselben, fast schon üblichen Drehbuch zu folgen: Mahnwachen, Lippenbekenntnisse der Politik und Beschwichtigungen der Waffen-Fans und Waffen-Lobby. Doch dieses Verbrechen könnte Konsequenzen nach sich ziehen. Das dürfte weniger an den Initiativen der US-Politik liegen, die aus europäischer Perspektive teilweise grotesk anmuten (so wird überlegt, ein Programm zur Bewaffnung von Lehrern zu schaffen!), sondern an Initiativen aus der Gesellschaft -- und aus der Welt der Kapitalanlage. 

Wenige Wochen nach der Tat hat BlackRock, der größte Aktieninvestor in der Welt, angekündigt, nach Wegen zu suchen, um die Hersteller von Handfeuerwaffen und deren Vertrieb zu umgehen. Nun muss man wissen, dass das New Yorker Haus in seiner Eigenschaft als größter Indexfondsanbieter weltweit der wichtigste Einzelinvestor in derartigen Firmen ist. Die BlackRock- und iShares Portfolios halten beispielsweise zwischen zehn und 17 Prozent der Anteile an den drei größten US-Waffenherstellern Sturm Ruger, American Outdoor Products und Vista Outdoor. 

Werden die Hersteller von Handfeuerwaffen künftig von Index-Trackern geächtet?

Es geht dem Marktführer gemäß Medienberichten in erster Linie offenbar um den Transfer von Fondsgeldern zwischen Indexprodukten, die diese Werte enthalten und neuen Indextrackern, die solche Firmen ausschließen. Das erfordert die Schaffung neuer Indizes, da ESG-Konforme USA Small Cap Barometer derzeit noch Mangelware sind. Laut unseren Daten existieren nur zwei als nachhaltig deklarierte Small Cap Indexfonds, die insgesamt nur 100 Millionen Euro auf die Waage bringen (beide sind nur in den USA erhältlich). 

Diese sich anbahnende Initiative ist ein weiteres Zeichen, dass ESG-konforme Investments den Nerv der Zeit und der Gesellschaft treffen. Eine derart zeitnahe Reaktion der Welt der Kapitalanlage auf gesellschaftliche Ereignisse bzw. Exzesse hat es bisher selten gegeben. (Capital International, ein aktives Haus, das auch zu den Großinvestoren von US-Waffenherstellern zählt, hat Medienberichten zufolge auch reagiert und Sturm Ruger aufgefordert darüber aufzuklären, wie es „den sicheren Gebrauch (sic!) dieser Produkte“ sicherstellen wolle.) 

Man darf gespannt sein, wie schnell die Indexanbieter neue ESG-Nebenwertebarometer berechnen und wie die Manager konventioneller Portfolios reagieren werden – und ob dann ein substanzieller Transfer von Fondsgeldern stattfinden wird. 

Anleger in US-Nebenwertefonds finden bei den Passiven keine Alternativen

Die Debatte hat übrigens auch eine europäische Dimension. Denn die Aktien der drei oben genannten Hersteller finden sich auch in typischen USA-Nebenwerteportfolios, die hierzulande angeboten werden. Dazu zählen aktive wie passive Vehikel gleichermaßen. Vorweggesagt: Es ist keine große Story, sondern eher eine auf den ersten Blick kaum wahrnehmbare Mini-Beimischung in wenigen Fonds und Indizes. Aber auch wenn in den typischen USA Small Cap Indizes die Gewichtung von Einzeltiteln unter einem Prozent liegt, so zeigt die Tatsache, dass BlackRock deutlich mehr als zehn Prozent der Anteile an den drei größten Waffenherstellern insgesamt in seinen Portfolios hält, dass die Summe aus kleinen Bausteinen ein dicker Brocken sein kann. Und wer ESG-Investments ernst nimmt, der wird nicht einen Cent in derartige Aktien investieren. 

Europäische Anleger, die Wert auf ESG-Kriterien leben, müssen berücksichtigen, dass in konventionellen Indizes und auch in etlichen Fonds so manche Werte schlummern, in die sie vermutlich nicht investieren wollen. Das Problem ist dabei, dass typische USA-Nebenwerte-ETFs und andere -Indextracker Waffenhersteller wie Vista Outdoor, Sturm Ruger und American Outdoor Brands auf Sicht weiter enthalten sein werden. Eine aktive Alternative gibt es in Europa aber leider nicht. Es gibt laut unseren Daten keine USA Small Cap Fonds in Europa mit ESG-Mandat. (Es sind übrigens auch in den USA nur deren zehn!).

So lange die Anbieter von US-Nebenwerte-ETFs keine entsprechenden ESG-Filter mit den Indexanbietern ihres Vertrauens durchsetzen und aktive Manager keine Alternative bieten, können US-Nebenwerte-Investoren nicht ausschließen, dass sie ungewollt auf die Hersteller von Waffen setzen, die regelmäßig die Todeswerkzeuge von Amokläufern in den USA liefern. 

Nachfolgend finden Sie eine Liste an europäischen Fonds, welche die drei größten US-Handfeuerwaffenhersteller enthalten.

Tabelle: Diese Fonds setzen auf American Outdoor Brands

Weighting american outdoor brands europ funds

Tabelle: Diese Fonds setzen auf Sturm Ruger

Weighting sturm ruger european fund

Tabelle: Diese Fonds setzen auf Vista Outdoor

Weighting vista outdoor europ fund

Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich