China A-Aktien sind reif für den Index

Nach mehrfacher Verschiebung ist es im Mai 2018 soweit: Globale und regionale MSCI Indizes werden chinesische Festlands-Aktien aufnehmen. Allerdings wird sich die Integration des gigantischen chinesischen Marktsegments nur schrittweise und dann auch nur in homöopathischen Dosen vollziehen. Eine Übersicht.

Ali Masarwah 07.07.2017
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Der Indexanbieter MSCI hat Ende Juni einen seit langem erwarteten Schritt gewagt: Chinesische Festlands-Aktien, so genannte A-Shares, werden in die beiden großen globalen Indizes MSCI World All World Index für globale Aktien und MSCI Emerging Markets Index für globale Schwellenländer-Aktien aufgenommen. Ab Mai 2018 wird es soweit sein. Dann werden in zwei Schritten 222 der Aktien, die in Shenzhen und Shanghai gelistet sind, in den MSCI Emerging Markets Index aufgenommen. Gemäß Mitteilung von MSCI fiel die Entscheidung in erster Linie wegen der positiven Erfahrungen mit dem so genannten Connect Programm, welches bereits jetzt internationalen Investoren Zugang zum Festlandsmarkt verschafft (via Hongkong) sowie aufgrund der Entscheidung der chinesischen Börsen, Index-Trackern im A-Segment keine Genehmigungsverfahren aufzubürden. 

Im Gegensatz zu den früheren Plänen – 2015 und 2016 hatte MSCI die Entscheidung, A-Shares in die globalen und regionalen Indizes aufzunehmen, aufgeschoben – vollzieht sich der Schritt nur in homöopathischen Dosen: Bis August 2018 werden A-Aktien voraussichtlich nur 0,73 Prozent des MSCI Emerging Markets Index ausmachen. Im globalen Aktien-Index MSCI ACWI wird die Quote dann bei nur 0,1 Prozent liegen. Diese Integration vollzieht sich im Rahmen des bereits erwähnten Connect Programms. 

Symbolischer Schritt, der dennoch richtungsweisend ist

Das noch geringe Gewicht von China-Aktien zeigt, dass es sich zunächst um eine eher symbolische bzw. zukunftsgerichtete Geste handelt. Einerseits ist die Geste bedeutsam, da der gigantische Markt für chinesische Festlands-Aktien künftig durch die Aufnahme in wichtige Benchmarks „geadelt“ wird. Das bedeutet, dass nicht nur passive Index-Tracker, sondern auch viele aktiv verwaltete globale Weltaktien- und Schwellenländerfonds, die den MSCI Emerging Markets und ACWI als Benchmark verwenden, A-Aktien kaufen werden. Das bringt eine stärkere Integration des Festlandsmarkts in die Welt der Fondsinvestoren weltweit mit sich. Es steht zu erwarten, dass auch andere Indexanbieter diesen Schritt gehen werden. 

Andererseits ist dieser Schritt insofern symbolisch bzw. zukunftsgerichtet, weil die Gewichtung der A-Aktien überschaubar ist. Nach den ursprünglichen Vorstellungen von MSCI hätte das Gewicht im MSCI EM sogar nur bei 0,5 Prozent liegen sollen. Da Investoren auch die Inklusion von Aktien forderten, die bereits in Hongkong im H-Segment notiert sind, werden nunmehr 222 Aktien statt den ursprünglich vorgesehenen 169 Aktien in den großen Schwellenländer-Index aufgenommen.

Investoren sollten die Turbulenzen 2015 als Mahnung zur Vorsicht sehen 

Allerdings werden – und das dürfte ein Stück weit die Sensibilität der Materie verdeutlichen – solche Aktien nicht berücksichtigt, die während der Marktturbulenzen 2015/16 vom Handel ausgesetzt wurden. Diese höchst umstrittene Entscheidung der chinesischen Regulierungsbehörden hatte Anlegern vor Augen geführt, dass die Standards des chinesischen Festlandsmarkts keinesfalls vergleichbar sind mit denen entwickelter Märkte, die westliche Investoren indes erwarten und auch fordern. Im Zuge weltweiter Turbulenzen im Sommer 2015 war auch der A-Aktien-Markt unter Druck geraten; die hektischen Schritte der chinesischen Aufsicht hatten Investoren verunsichert und damit die Situation weiter verschärft.

Doch das ist nach Deutung vieler Experten Teil des Geschäfts mit ineffizienten Schwellenländermärkten. 2014 legte der MSCI China A um sensationelle 67 Prozent zu. Die Hausse setzte sich bis Mitte 2015 fort und wurde gefolgt von extremen Kurseinbrüchen in der zweiten Jahreshälfte. 2015 kam der MSCI China A mit einem guten Plus von knapp 20 Prozent (auf Euro-Basis) und somit einem blauen Auge davon. Anders 2016, als der Index um knapp 17 Prozent verlor und damit den MSCI Emerging Markets um über 30 Prozentpunkte underperformte. Auch in diesem Jahr liegt der A-Shares Index mit einem leichten Plus von einem Prozent gut acht Punkte hinter dem MSCI Emerging Markets. Entspechend wenig sind Festlands-Aktien mit anderen gängigen Aktien-Indizes korreliert, wie die untere Matrix zeigt. Ob sich diese guten Diversifikations-Eigenschaften in die neue Zeit "retten" werden muss offenbleiben, zumal künftig mit der zunehmenden Erschließung dieses Marktes durch Finanzinvestoren aus den Industrieländern zu rechnen ist.  

Grafik: Die Korrelation von A-Shares mit einigen lokalen globalen Standard-Indizes

Correlationen A shares

Korrelationsdaten drei Jahre per 30.6.2017, Quelle: Morningstar Direct

Wie dem auch sei: Als Interimsschritt wird MSCI vorläufige („provisional“) bis Indizes berechnen, und zwar als Teil der MSCI ACWI Indexserie sowie die Indizes MSCI A International Large Cap Provisional und den MSCI Emerging Markets Provisional. Fondsmanager, aber auch Berater und Anleger, haben also Zeit, sich vor der eigentlichen Index-Umstellung mit der Materie vertraut zu machen. Wir wollen dabei helfen und untersuchen deshalb einige für Fonds-Investoren relevante Aspekte der sogenannten A-Shares. 

Übersicht zu unserer Reihe zu China-Festlands-Aktien

Hier gelangen Sie unserem China-Aktien-Glossar für Fondsinvestoren;

Hier gelangen Sie zu einer Übersicht zu A-Shares in aktiv verwalteten Fonds

Hier gelangen Sie zu einer Übersicht zu breit investierenden Schwellenländer-Fonds, die auf A-Shares setzen.

Hier gelangen Sie zu einer Übersicht über die größten Fonds der Kategorie Aktien China A-Shares (ETF und aktiv verwaltete Fonds)

Hier gelangen Sie zum Interview mit Wolfgang Fickus, Mitglied im Investment-Kommitee vom Emerging Markets Spezialisten Comgest. 

 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich