Oktober war in Europa Value-Zeit

Morningstar Marktbarometer für europäische Aktien zeigt im vergangenen Monat ein ungewohntes Bild. Langjährige „Quality“-Favoriten aus den Branchen Pharma und Konsumgüter erleiden hohe Kursverluste. Zinsfrage drückt auf Immobilienwerte.  

Fernando Luque 04.11.2016
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Ende Oktober dürften sich viele Anleger und Berater erstaunt die Augen gerieben haben. Im abgelaufenen Monat präsentierte sich der europäische Aktienmarkt von einer ungewohnten Seite: Value-Aktien stahlen Growth-Aktien die Schau, und zwar nachhaltig und in allen Segmenten. Besonders eklatant war die Outperformance im Standardwerte-Bereich. Wie aus unserem monatlich berechneten Morningstar Marktbarometer für europäische Aktien hervorgeht, legten großkapitalisierte Value-Titel um 4,1 Prozent zu. Dagegen mussten ihre Growth-Pendants im Oktober Verluste von 3,3 Prozent hinnehmen. 

Deutlich, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt, war auch der Abstand bei Nebenwerten. Im Mid Cap Segment legten Value-Aktien um 0,5 Prozent zu gegenüber Verlusten von 3,5 Prozent bei Mid Cap Growth. Aktien aus dem Segment Small Cap Value stiegen um 1,9 Prozent gegenüber einem Minus von 3,5 Prozent bei den Growth-Pendants. 

In unserem monatlichen Format zerlegen wir den Morningstar Europe Developed Markets NR Index kapitalgewichtet in die Bestandteile unserer Aktien-Style Box, eine Neun-Felder-Matrix, die Aktien nach Größe und nach Stil gliedert. Die untere Grafik lesen Sie jeweils von links nach rechts: Die oberen beiden Quadrate zeigen die Style Box Performance für den vergangenen Monat und das laufende Jahr, die untere Reihe zeigt die Performance für die abgelaufene Zwölfmonats-Periode sowie die Dreijahres-Performance (kumuliert). 

European Market Barometer Oct 2016 a

Die Oktober-Highlights auf Ebene der Einzelwerte: Value-Aktien profitierten vor allem vom Rebound der zuvor schwer geprüften Finanztitel. BBVA legte um knapp 24 Prozent (in Euro) zu, BNP Paribas um gut 15 Prozent und Banco Santander um 12,4 Prozent. Auch der Energie-Sektor zeigte sich von seiner freundlichen Seite. Zu den Gewinnern zählten Royal Dutch Shell PLC, BP PLC und Total, die jeweils zwischen 2,0 und 3,7 Prozent zulegen konnten. 

Spiegelbildlich dazu mussten etliche langjährige Growth-Favoriten kräftig Federn lassen. Anheuser-Busch, Novo Nordisk und British American Tobacco brachen ein und lieferten für dieses Segment mit Verlusten von 10,3 bzw. 11,9 und 8,3 Prozent die höchsten negativen Beiträge. 

Auf Sektorebene waren Finanztitel mit einem Plus von 5,8 Prozent die Gewinner des vergangenen Monats. Im laufenden Jahr fällt die Performance mit einem Minus von 8,1 Prozent indes tiefrot aus. Energietitel und Rohstoffwerte zählten im Oktober ebenfalls zu den Gewinnern. Hohe Verluste fuhren indes Immobilienaktien mit einem Minus von 6,6 Prozent ein. Für diese Aktien sind die gestiegenen Inflationserwartungen und die damit verbundenen Zinsrisiken schlechte Nachrichten. IT-Werte, defensive Konsumwerte und der Healthcare-Sektor brachen allesamt um gut 5,5 Prozent im Oktober ein. 

European Market Barometer Oct 2016 b

Unser Marktbarometer misst auch die Bewertung der Aktien in den jeweiligen neun Feldern unserer Matrix. Dabei verwenden wir unsere hauseigene Bewertungskennziffer Price/Fair Value, P/FV (auf Deutsch Kurs/Fair Value Verhältnis, K/FVV). Ein Wert von unter 1,0 signalisiert eine Unterbewertung, ein Wert größer Null zeigt an, dass eine Aktie überbewertet ist, und K/FVV von 1,0 besagt, dass ein Unternehmen fair bewertet ist (lesen Sie hier mehr zu unserer Aktien-Research-Methodologie. 

Die Konsequenz der Outperformance von Value im Oktober lässt sich an der unteren Bewertungsskala ablesen: Value- und Growth-Aktien haben sich angenähert. Der Bereich Mid Cap Value ist heute sogar das teuerste Aktiensegment am europäischen Markt mit einem K/FVV von 1,06. Auffällig ist auch, dass Small Caps deutlich günstiger sind als andere Größensegmente, unabhängig von der Stilausrichtung. Insgesamt war der europäische Aktienmarkt jedoch per Ende Oktober fair bewertet. 

European Market Barometer Oct 2016 c

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Über den Autor

Fernando Luque

Fernando Luque  ist Chefredakteur morningstar.es, Morningstar Spanien