Schwellenländer-Nachfrage toppt Brexit-Angst

Aktienfonds erleiden hohe Abflüsse im Juli. „Brexit“ war allerdings nur ein Treiber des Anlegerverhaltens. Eine Übersicht über die Geldflüsse in Fonds in Europa - und was dahinter stecken könnte.

Ali Masarwah 05.09.2016
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Üblicherweise werden bei Statistiken über das Investorenverhalten Mittelabflüsse aus Aktienfonds und Zuflüsse in Geldmarktfonds als klare Signale für eine steigende Risikoaversion angesehen. Demnach wäre das Bild des europäischen Fondsmarkts im Juli klar: Aktienfonds gaben netto 13,2 Milliarden Euro ab, Geldmarktfonds gingen knapp 33 Milliarden Euro zu. Anleihefonds sammelten netto knapp 22 Milliarden Euro ein. 

Alles klar also? Nicht ganz. Ein Blick jenseits der großen Schlagzeilen zeigt, dass mehrere widerstreitenden Tendenzen das Juli-Bild bestimmten. Stichwort Brexit: Anleger in Großbritannien dürften zu einem guten Teil die Zuflüsse in Geldmarktfonds geprägt haben: Von den 33 Milliarden Euro in Geldmarktfonds steuerten 21,3 Milliarden Euro auf Britisches Pfund lautende Fonds an, und dort dürften nahezu ausschließlich Anleger mit Bezug zur britischen Insel ihr Geld parken. Für eine klare Reaktion britischer Anleger auf das Referendum zum Austritt Großbritanniens aus der EU sprechen auch die spiegelbildlichen Abflüsse in Höhe von 2,7 Milliarden Euro aus anderen Fondskategorien – 25 an der Zahl -, die in britische Assets investieren. 

Ein weiterer Trend war der erneute Ausverkauf von europäischen Aktienkategorien. Dieser Trend ist älter als das Brexit-Votum Ende Juni und könnte auch damit zusammenhängen, dass geopolitische Unsicherheiten derzeit vor allem in Europa verortet werden und auch das Wachstum nicht so stark ausgefallen ist, wie es sich vermutlich etliche Investoren 2014 und vor allem 2015 erhofft hatten, als substanzielle Investments in europäischen Aktienfonds zuflossen.

Ein weiterer Trend im Juli war die unverändert hohe Nachfrage nach Schwellenländer-Investments. Unter den zehn Fondskategorien mit den höchsten Zuflüssen im Juli befanden sich drei Schwellenländer-Bond und eine -Aktienkategorie (man beachte das Verhältnis!!). Die höchsten Zuflüsse verbuchten global anlegende Schwellenländer-Bond-Fonds mit Fokus auf Dollar-Investments, die ein Plus von knapp vier Milliarden Euro verzeichneten. Global investierenden Schwellenländer-Aktienfonds gingen netto gut drei Milliarden Euro zu. 

Ungebrochen waren auch die Zuflüsse in alternative Multi-Strategiefonds und andere Mischfonds. Multi-Strategiefonds, die zumeist in mehrere alternative, taktische Strategien investieren, haben in den ersten sieben Monaten Zuflüsse von 16,2 Milliarden Euro eingesammelt. Ausgewogene EUR-Mischfonds verzeichneten Zuflüsse von 10,5 Milliarden Euro. Der Nettoabsatz in letztere Kategorie ging zum überwiegenden Teil auf die immense Nachfrage nach dem Nordea Stable Return Fonds zurück, der im Juli Rekordzuflüsse verbuchte. 

Die vollständige Fassung des Berichts für Juli lesen Sie auf englischer Sprache hier.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich