Seid umschlungen, Kapitalmarktrisiken!

Euro-Schwäche und Run auf Aktien prägen Fonds-Performance im ersten Quartal. Brasilien-, Griechenland und Türkei-Aktienfonds sind die wenigen Verlierer. Hausse verursacht auch Unbehagen bei Fondsmanagern.

Ali Masarwah 02.04.2015
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Doch, es wird einige wenige Investoren geben, die heute mit ihrem Schicksal hadern: Anleger, die auf brasilianische, griechische oder türkische Aktien gesetzt hatten, haben in diesem Jahr nichts zu Lachen. Diese drei Aktienmärkte haben 2015 kräftig verloren.

Ansonsten dürften die allermeisten Fondsinvestoren beim Blick auf ihren Depotstand eine sehr positive Quartalsbilanz ziehen. Die Spatzen haben es bereits von den Dächern gepfiffen: Viele europäische Aktienindizes haben in den ersten drei Monaten des Jahres eine hervorragende Performance erzielt. Der Dax legte bis Ende März um 22%, der EURO STOXX 50 um gut 17% zu. Noch besser lief es beispielsweise bei Indizes auf Aktien in China, Russland und Japan. Auch einzelne Sektoren wie Biotech-Aktien schossen zwischen Januar und März regelrecht die Lichter aus.

A-Aktien aus China machen Fondsanleger froh

Diese erfreuliche Entwicklung spiegelt sich auch in der Quartalsbilanz der europäischen Morningstar Kategorien wider, welche die durchschnittliche Performance der entsprechenden in Europa domizilierten Fonds abbildet. China-Aktienfonds, die das A-Aktien-Segment im Reich der Mitte abbilden, konnten im ersten Quartal um knapp 30% zulegen, was vor allem auf der hervorragenden März-Performance basierte. Bereits 2014 hatten diese Fonds aufgrund eines sehr starken vierten Quartals ein Plus von 55,5% erwirtschaftet. Der Kapitalmarkt in China wird zunehmend liberalisiert, und der Anteil der ausländischen Investoren im bis dato abgeschotteten A-Aktiensegment steigt.

Die zweitbeste Quartals-Performance erreichte die Kategorie Aktien Russland, die um 28% zulegte, Biotechfonds folgten mit gut 27% vor Italienfonds (+24,66%) und Japan-Standardwertefonds.

In Zeiten extrem lockerer Geldpolitik investieren Anleger verstärkt in Aktien und auch in EUR-Anleihen. Vor allem in Europa kennen die Aktien- und Rentenmärkte seit Ende Januar kein Halten mehr. Am 22. Januar hatte die Europäische Zentralbank die Details ihres geplanten Anleihekaufprogramms enthüllt. Ab dem 9. März nehmen die Währungshüter der Eurozone nunmehr Anleihen im Umfang von 60 Milliarden Euro monatlich vom Markt. Das Kaufprogramm soll bis mindestens September 2016 andauern. 

Damit kommen wir zum zweiten Grund der Hausse vieler Fondskategorien: Die große quantitative Lockerung der EZB („QE“) hat mindestens implizit das Ziel, den Euro zu schwächen. Diese Rechnung ist bisher voll aufgegangen. Ob gegenüber dem US-Dollar, Britischen Pfund, Schweizer Franken, Norwegischen Krone und fast allen anderen wichtigen Währungen: Im ersten Quartal hat der Euro kräftig nachgegeben. Über die Fremdwährungskomponente haben viele Fonds den Portfolios von Euro-Investoren einen entsprechenden Performance-Schub verpasst.

Die untere Liste zeigt im Einzelnen die Gewinner des ersten Quartals auf Ebene der für Investoren hierzulande wichtigsten Morningstar Kategorien. Wir haben die 15 Kategorien mit den besten Quartalsrenditen aufgeführt.

Tabelle: Morningstar Kategorien: Die Gewinner des ersten Quartals

Interessant ist der Blick auf die längerfristige Performance. Mit der Ausnahme russischer und portugiesischer Aktienfonds, die in den vergangenen fünf Jahren Verluste erwirtschafteten, sind die Erinnerungen an die große Finanz- und auch an die Eurokrise aus den Performance-Listen sprichwörtlich herausgerollt worden. Die mehrjährige Hausse bei Risiko-Assets ist inzwischen vielen Marktbeobachtern und Fondsmanagern unheimlich geworden. Etliche fühlen sich auf den derzeitigen Bewertungsniveaus unwohl. „Wir haben zuletzt einige Gewinne mitgenommen“, sagte uns Tim Albrecht, Fondsmanager bei der Deutschen Asset und Wealth Management, in einem Interview Mitte März (lesen Sie hier mehr).

Das Undenkbare denken: Kursverluste sind auch bei Anleihen möglich!

Auch bei Bonds mahnen Fondsmanager, dass in Zeiten steigender Renditen erfolgsverwöhnte Anleger sich an Verluste gewöhnen müssen. „Die Risiken waren schon immer da, sie sind bisher nur nicht schlagend geworden, das kann sich ändern“, sagte uns etwa Kurt Eichhorn, Leiter Renten bei der Kepler-Fonds KAG (lesen Sie hier weiter), Anfang März.

Ein etwas realistischeres Abbild der Wirklichkeit erhalten unsere Leser beim Blick auf die zweite Spalte von rechts in der unteren Tabelle: Hier ist der maximale Verlust aufgeführt, der innerhalb der vergangenen fünf Jahre bei den Fondskategorien angefallen ist. Zeitweilige hoher Verluste fielen nicht nur bei Russland-Fonds an. Selbst Aktienfonds für deutsche Standardwerte verloren zeitweilige rund 25%, und auch Schweizer Aktienfonds brachen auf dem Tief zwischen 2010 und heute um 18% ein. Aktien sind also Risiko-Assets, auch wenn sich das heute nur in wenigen Fällen (Griechenland!) manifestiert.

Ein kurzer Blick noch auf die Verlierer des ersten Quartals. Wir haben – analog zur Vorgehensweise bei den Gewinnern – 15 für heimische Anleger relevante Fondskategorien mit der schwächsten Quartals-Performance aufgeführt. Wobei bei näherem Hinsehen nur die wenigsten Fondsgruppen Verluste verzeichnen mussten. Zwei globale Schwellenländer-Rentenfondskategorien, die bezeichnenderweise die Fremdwährungsrisiken für Euro-Anleger absichern , zählten zu den 15 schwächsten Kategorien – und konnten im ersten Quartal dennoch jeweils um rund 1,5% zulegen.

EUR Geldmarktfonds und EUR Kurzläuferfonds konnten naturgemäß im heutigen Nullzinsumfeld ebenfalls keine nennenswerte Performance erzielen. Neben den bereits erwähnten drei Aktienkategorien Brasilien, Griechenland und Türkei finden Sie am Schluss der Tabelle auch zwei Rohstoff-Kategorien, die eine leicht negative Performance verbuchen mussten. Allerdings dürften nur die wenigsten Anleger substanzielle Investments in Fonds für Soft Commodities (da finden sich Futures auf Orangensaft und Rinderhälften wider) und breit diversifizierte Agrar-Futures-Fonds getätigt haben.

Vermutlich wird das zu Ende gegangene Quartal für längere Zeit als Phase in Erinnerung bleiben, in der man an den Kapitalmärkten die Verlierer mit der Lupe suchen musste. 

Tabelle: Morningstar-Kategorien mit schwacher Quartalsbilanz

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich