Szenarien für 2014: Zwischen Schwellenländer-Gau und Aktienhoffnungen

Aktien haben im ersten Quartal enttäuscht, Schwellenländer sowieso, Bonds haben das Rennen gemacht. Dennoch spricht nach Meinung vieler Investoren nach wie vor alles für Aktieninvestments. Eine Übersicht zu Beginn des zweiten Quartals.

Ali Masarwah 08.04.2014
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Mit dem Quartalsgong war die Überraschung perfekt: Entgegen der Prognosen der Auguren hatten in vielen Märkten Bonds ihre Aktien-Pendants im ersten Quartal übertroffen. Beispiel Deutschland: Während der DAX auf der Stelle trat, legte der REXP um knapp 2% in den ersten drei Monaten den Jahres zu. Das selbe Bild zeichnete sich in den USA ab, und auch bei Emerging Markets schlug der EMBI den MSCI Emerging Markets. Eine gewichtige Ausnahme: In der Schweiz tickten die Uhren anders: Der SMI lag recht deutlich vor dem SBI.

Wer sich die Prognosen vieler Analysten zum Jahresanfang vergegenwärtigt, dürfte auch ob der roten Vorzeichen bei der Performance des japanischen Aktienmarkts überrascht gewesen sein. Viele Anleger, die der Empfehlung ihrer Berater oder Vermögensverwalter: „Aktien vor Anleihen“ gefolgt waren, dürften lange Gesichter machen.

Wer hätte das gedacht? MSCI Indonesien lag per Ende März weit vorn

Interessanterweise folgte das erste Quartal in vielerlei Hinsicht den häufig zu beobachtenden Mustern: Die Verlierer der Vorperiode legten eine beachtliche Erholung hin, die Gewinner der Vorperiode sackten ab. Der MSCI Indonesien legte im ersten Quartal auf Euro-Basis um gut 21% zu – 2013 hatte der indonesische Markt zu den großen Verlierern gezählt. Auch der Goldaktien-Index Amex Gold Bugs zog merklich an nach einem Einbruch von 57,4% 2013. Das gleiche Bild bei einzelnen Schwellenländern: Die MSCI-Indizes für Indien, Türkei und Südafrika zählten von Januar bis März zu den Gewinnern und machten so einige der 2013 erlittenen Verluste wieder wett. In der Tabelle unten finden Sie auf der rechten Seite eine Übersicht über einige der großen Verlierer des vergangenen Jahres. Weiter links findet sich deren Performance im ersten Quartal. Sie konnten alle mehr oder weniger zulegen, und die grün unterlegten Felder signalisieren, dass es sich um besonders große Gewinner handelt. Wieder einmal hat sich hier bestätigt, dass die Verlierer von gestern oft die Gewinner von heute sind!

Tabelle: Die Verlierer von 2013 konnten 2014 bisher stark zulegen  

Doch das erste Quartal ist abgehakt, und einiges ist ja durchaus so eingetroffen, wie es die Analysten und Fondsmanager prognostiziert hatten: Entwickelte Märkte – in Gestalt des MSCI World Aktienindex - übertrafen erneut breit aufgestellte Schwellenländer-Indizes – in Gestalt des MSCI Emerging Markets. Einige Experten vertraten auf der großen Morningstar Investmentkonferenz Ende März (Videos und Bilder zu unserem Event finden Sie hier) die These, dass bei Schwellenländern das Schlimmste noch nicht vorbei ist. „Schwellenländer-Aktien sind nicht ohne Grund billig“, sagte Chefanleger der Deutschen Asset und Wealth Management (DeAWM), Asoka Wöhrmann. Was fehle, sei ein Auslöser, der diese Unterbewertung abbaue. Solange es keine greifbaren Gründe für einen Turn-around gebe, blieben die DeAWM-Aktienportfolios in Schwellenländern untergewichtet.

Dabei machte Wöhrmann allerdings einige Leuchttürme aus. Die wirtschaftlichen Ausblicke für Länder wie Taiwan, Südkorea und China seien positiv. Doch das sind laut dem CIO der DeAWM Ausnahmen: Nach wie vor lasteten die schwachen Wachstumsraten sowie die hohen Leistungsbilanzdefizite auf vielen Währungen und auf die Aktienkurse. Der DeAWM-Chefanleger nannte die Länder Türkei, Indonesien, Indien, Südafrika und Brasilien als Beispiele. Es empfehle es sich, abzuwarten. Mit Blick auf China zeigte sich Wöhrmann indes optimistisch - ungeachtet deutlich gesunkener Wachstumsraten (lesen Sie auch hier das ausführliche Interview mit dem DeAWM-CIO).

Die Eliten in den Schwellenländern sind oft genug die Ursache der Probleme

Eine andere Sicht der Dinge vertrat Arnab Das, Principal beim Investment- und Beratungshaus Das Capital. Für ihn sind Schwellenländer-Papiere auch kurzfristig keinen Kauf wert. „Die These von der Konvergenz der Schwellenländer mit den Industrieländern hat sich als Chimäre herausgestellt“, so Das. Er verwies auf das Scheitern zahlreicher Länder und Ökonomien, die zuvor als aussichtsreiche Kandidaten gehandelt worden waren. Den Übergang vom Schwellen- zum Industrieland hätten in der Geschichte nur sehr wenige geschafft, dazu zählten Länder wie Spanien, Portugal und - zeitweilig - Griechenland, die als Mitgliedsländer der Europäischen Union von umfangreichen Transferleistungen profitiert hätten. Investoren sollten sich, so der Berater weiter, davor hüten, eine lineare Entwicklung bei Emerging Markets zu unterstellen. 

Für die Zukunft malte Arnab Das ein eher düsteres Szenario: „Dass sich die Schwellenländer, die heute unter Problemen leiden, mit Reformen aus der Krise arbeiten, halte ich für wenig wahrscheinlich, dann das würde bedeuten, dass die Eliten die eigenen Interessen hinter die Interessen des Landes stellen würden. Das werden sie ohne Not nicht tun“.

Argentinien war einmal ein Industrieland 

Ins gleiche Horn stieß David Zahn, Leiter europäische Renten bei Franklin Templeton. „Einige Länder sind im Begriff, vollkommen von der Karte der investierbaren Länder zu verschwinden“, sagte er. Argentinien habe noch im vergangenen Jahrhundert als entwickeltes Land gegolten und sei nunmehr allenfalls ein Frontier-Staat, sei also mithin auf einer Entwicklungsstufe unterhalb der eines Emerging Market angesiedelt. Auch Venezuela habe einen drastischen Abstieg hinter sich, und Russland sei heute „ein fürchterlicher Investitionsstandort“. Dort paarten sich eine schwache Wirtschaft mit den Folgen des geopolitischen Konflikts um die Krim-Halbinsel.

Jenseits des düsteren Ausblicks auf die Schwellenländer waren die Experten auf der Morningstar Investment Konferenz in Amsterdam für Aktien optimistisch, ungeachtet des Ausrutschers im ersten Quartal. In einem weiteren Workshop hob Isabel Levy, Fondsmanagerin des Aktienfonds Métropole Sélection die Chancen bei zyklischen Aktien hervor. „Zyklische Unternehmen sind heute deutlich günstiger bewertet als im letzten Zyklus, seitdem haben viele Unternehmen ihre Hausaufgaben gemacht, der operative Hebel sei heute sehr groß, und angesichts der positiven Aussichten für die Weltwirtschaft erwarte sie Positives von konjunkturabhängigen Unternehmen, so die Spezialistin für europäische Aktien.

Eine optimistische Sicht der Dinge mit Bick auf Aktien im Vergleich zu anderen Asset-Klassen vertrat Asoka Wöhrmann in der Diskussion mit Arnab Das und David Zahn. Angesichts des niedrigen Zinsumfelds bleibe vielen Anlegern nichts anderes übrig als auf Aktien und alternative Investments zu setzen. Wöhrmann: „Ohne Risiken einzugehen haben Investoren keine Chance, Geld zu verdienen“.  Die gemischten Portfolios der DeAWM seien in Aktien aus den Industrieländern übergewichtet. Der Consultant Arnab Das zeigte sich wiederum für US-Aktien optimistisch. „In Europa wurde nichts repariert – die Probleme sind einfach nur unter den Teppich gekehrt worden, Länder wie Spanien oder Italien haben keine Chance, ihre immensen Staatsschulden jemals zurückzuzahlen“.

Immerhin in einer Hinsicht herrschte Einigkeit unter den Experten, die ansonsten konträre Meinungen vertraten: Die Inflation werde auf absehbare Zeit niedrig bleiben. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Zinsen weiterhin extrem niedrig bleiben werden und Renditesucher sich auf der Bond-Seite Hochzinspapieren zuwenden werden statt Staatsanleihen und das Umfeld für Aktien weiterhin günstig bleiben wird. Die Erfahrungen des ersten Quartals dieses Jahres zeigen allerdings, dass es oft anders kommt als erwartet. 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich